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Autobauer wollen vom grünen Image des Gemeinschaftswagens profitieren Teilzeit-Auto kommt immer mehr in Mode

Von Sebastian Raabe und Stefanie Koller 29.12.2011, 04:24

Jahrelang gehörte das Carsharing in die Öko-Ecke. Vor allem in überfüllten Großstädten kommt das geteilte Auto aber mehr und mehr in Mode. Die Autobauer mischen kräftig mit - und wollen nicht nur vom grünen Image des Gemeinschaftswagens profitieren.

München/Stuttgart (dpa) l Das Auto gilt als liebstes Kind der Deutschen. Es ist ein wichtiges Statussymbol. Kaum eine Großstadt ist zu eng für dicke Geländewagen weitab jeder Wildnis, kaum ein Motor ist zu leistungsstark für chronisch verstopfte Autobahnen. Noch. Studien zeigen, dass gerade jungen Menschen der eigene Wagen zunehmend unwichtiger wird - und damit auch die Bereitschaft sinkt, viel Geld dafür auf den Tisch zu legen. Für die Hersteller ist das eine Entwicklung, die noch am Anfang steht, auf die sie aber Antworten finden müssen. Eine davon könnte Carsharing heißen. BMW, Daimler und Volkswagen - sie alle versuchen sich an dem Modell.

Die Idee, dass sich mehrere Nutzer einen Wagen teilen, ist nicht neu. In Deutschland gibt es solche Angebote Angaben des Bundesverbandes Carsharing zufolge seit Ende der 1980er Jahre. Der Verzicht auf das eigene Auto, ohne dabei individuelle Mobilität ganz aufzugeben, war lange Zeit ein Projekt mit grünem ökologischem oder alternativem Image. Zu wichtig war vielen der eigene Wagen, zu unflexibel und kompliziert das System mancher Anbieter. Doch Carsharing hat gerade in den überfüllten Großstädten durchaus Vorteile - und kann je nach Modell eine Menge Geld sparen.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Carsharing-Nutzer hierzulande massiv gestiegen. Anfang 2011 zählte der Bundesverband Carsharing rund 190000 Nutzer - 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Rund 5000 Fahrzeuge von etwa 130 Anbietern waren auf den Straßen unterwegs. Anfang 2005 teilten sich noch 76000 Menschen etwa 2600 Autos.

Der Boom wird nach Ansicht von Experten in den nächsten Jahren weitergehen. Das erhöht nicht nur die Akzeptanz, sondern machte auch die Hersteller auf das Modell in der Öko-Ecke aufmerksam. Deren Engagement werde dem Carsharing in zwei bis drei Jahren einen massiven Schub geben, sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "In zehn Jahren halte ich fünf Millionen Carsharing-Nutzer in Deutschland nicht für unmöglich."

Hersteller setzen auf Hilfe der Autovermietungen

Daimler begann bereits 2008 mit "Car2Go" und dehnte das Konzept mit seinem Kleinstwagen Smart nach Versuchen in Kleinstädten auch auf die Millionenstadt Hamburg aus. Als Partner holten sich die Stuttgarter den Autovermieter Europcar an ihre Seite.

Die Ziele sind ambitioniert: "Wenn wir das über die nächsten Jahre weiter so hochfahren, könnte es wie ein Fahrzeugprogramm einer A-, B- oder C-Klasse sein", sagte Finanzvorstand Bodo Uebber. In etwa drei Jahren soll mit dem Modell dann Geld verdient werden.

"Wir planen innerhalb der nächsten fünf Jahre die Ausweitung von "Car2Go" auf ca. 40 bis 50 europäische sowie eine deutlich zweistellige Anzahl nordamerikanischer Städte", sagte Geschäftsführer Robert Henrich der dpa. "Eine weitere Ausweitung in den darauffolgenden Jahren, auch in andere Märkte, ist vorgesehen." Derzeit sind es rund 50000 Kunden an sieben Standorten.

BMW setzt bei seinem 2011 gestarteten Testlauf auf die Hilfe von Sixt. Der Autovermieter erhofft sich wie die Münchner Nobelmarke zusätzlichen Umsatz und bietet seine Erfahrung aus der Vermietung. 2013 will Firmenchef Erich Sixt schwarze Zahlen mit dem gemeinsamen Projekt "DriveNow" schreiben, das bereits in München und Berlin läuft.

Das Prinzip ist einfach: Gegen Gebühr wird der Kunde Mitglied, bekommt eine Karte, die auch Schlüssel für die überall im Stadtgebiet stehenden Fahrzeuge ist. Abgerechnet wird wie beim Handy pro Minute, weitere Gebühren werden nicht fällig, auch der Sprit ist im Preis bereits enthalten. Alle 60 Sekunden kostet ein Wagen hier 29 Cent. Die Parallele zum Mobilfunk ist nicht zufällig. Für viele junge Autofahrer sind Handys wichtige Geräte, ihre Preismodelle vertraut. Per App lassen sich Autos finden und buchen.

Bei den alteingesessenen Anbietern sorgt das Engagement nicht nur für Freude. Dort standen nicht der Lifestyle und die Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten im Vordergrund, sondern der Umweltschutz und der bewusste Verzicht. "Unser Ziel ist, den Besitz eines privaten Autos überflüssig zu machen und die Umwelt zu entlasten", sagt eine Mitarbeiterin des Bundesverbandes Carsharing. In München etwa wurde der Anbieter Stattauto bereits 1992 gegründet und arbeitet heute als sozialer Betrieb mit einem nahezu flächendeckenden Netz dutzender Abholstationen in der ganzen Stadt. Im Durchschnitt teilen sich 20 bis 25 Teilnehmer ein Fahrzeug.

Für die Autobauer ist das Carsharing auch eine Chance, Elektroautos für die Kunden interessant zu machen und die Fahrzeuge in größerer Zahl auf die Straße zu bringen.