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Der Katastrophenstab des Landkreises erteilt Abschussgenehmigung für Biber Sieben Biber zum Schutz der Deiche getötet

Von Franziska Ellrich 14.06.2013, 03:21

Trotz sinkender Pegelstände besteht im Jerichower Land noch immer die Sorge, ob die Deiche halten. Das Hochwasser drängt auch die Biber in Deichnähe. Weil sie dort immer wieder Löcher graben, erteilte der Katas-trophenstab am vergangenen Sonnabend eine Abschussgenehmigung.

Burg/Genthin l Während Hunderte Helfer am Wochenende den Schartauer Deich in einer langen Reihe mit Sandsäcken sichern, ist Wehrleiter Karsten Volkmann immer wieder damit beschäftigt Biberlöcher mit den Säcken auszustopfen. Viele der Tiere wurden durch das Hochwasser aus ihrem angestammten Revier vertrieben. Jetzt suchen sie einen Platz zum Ausruhen.

"Biber können pro Tag rund zwei Stunden im Wasser unterwegs sein", erklärt Peter Ibe. Der Steckbyer hat viele Jahre für das Biosphärenreservat Mittlere Elbe gearbeitet und kennt sich mit den Tieren aus. Wenn das Wasser steigt, würden die Biber so lange wie möglich versuchen in ihrer Burg zu bleiben. "Erst wenn es nicht mehr geht, machen sie sich auf die Suche nach einem Nothügel", sagt Peter Ibe. Und das könne der Deich sein.

Dort würden die Biber dann kleine Löcher graben, um sich zu erholen. "Das sind sogenannte Sassen und die funktionieren für die Tiere wie ein kleiner Sessel", versucht der Biberexperte das Verhalten zu erklären. Graben die Tiere über der Wasserlinie, soll es nur bei einem kleinen Loch bleiben. Fangen die Biber allerdings am Deich an unter der Wasserlinie zu buddeln, kann es sein, dass sie eine Not-Burg bauen wollen. "Erst dann besteht die Gefahr, dass die Biber tiefere Löcher und Gänge in den Deich buddeln", will Peter Ibe den Schutz der Biber auf gar keinen Fall vor den Schutz von Leib und Leben stellen.

Und genau auf dieser Priorität baut auch die Entscheidung des Katastrophenstabes im Jerichower Land auf, am vergangenen Wochenende die Abschussgenehmigung für Biber zu erteilen. "Die Tiere haben an verschiedenen Deichen begonnen bis zu einem Meter tiefe Löcher zu graben", erklärt Henry Liebe, Pressesprecher des Kreises.

Dadurch hätten die Biber die Gefahr eines Deichbruchs enorm erhöht. "Und wenn ein Deich zu brechen droht, steht der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund", begründet Henry Liebe die Entscheidung, den jeweiligen Revierjägern die Genehmigung zum Abschuss zu erteilen.

Zuvor hätten Helfer versucht die Biber einzufangen. Leider ohne Erfolg. "Auch die Tiere zu vertreiben, hat nicht funktioniert", bestätigt der Pressesprecher. Über die Abschussgenehmigung habe sich der Katastrophenstab zuvor mit den Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde, dem Landesverwaltungsamt und Andreas Berbig von der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe abgestimmt. In so einem Katastrophenfall sei das, trotzdem die Biber zu den geschützten Tierarten gehören, die richtige Entscheidung.

Dass es schwierig ist, die Biber von ihrem gegrabenen Loch zu verjagen, weiß auch Peter Ibe aus Erfahrung: "Stört man die Biber und verscheucht sie durch Lärm, suchen sie sich einfach schnell eine neue Stelle zum Buddeln." Am besten sei es in so einer Situation, wenn es sich allein um Sassen handelt, die Tiere in Ruhe zu lassen und dann würden sie auch nach einer Ruhepause wieder verschwinden.

Für den Steckbyer handele es sich in so einem Fall vor allem um Aktionismus. Die beste Lösung besteht für Peter Ibe in der Vorsorge: "Einige Gemeinden haben bereits Biber-Rettungshügel für solche Ernstfälle errichtet." So eine wasserseitige Insel würde bei Hochwasser zudem für viele andere Tiere zur Rettung dienen. Eine Kunstburg müsse nicht unbedingt auf der Erhöhung errichtet sein: "Die Biber retten sich auch ohne Burg bevorzugt auf so eine Anhöhe im Wasser als auf einen Deich."

Sieben Biber wurden im Jerichower Land seit dem Wochenende bereits erschossen. Das werde sich jedoch nicht problematisch auf die Population auswirken, beruhigt Peter Ibe. "Viel schlimmer ist, dass in diesem Jahr das Wasser so früh kam und die Jungen noch in den Burgen waren." Drei Biberjungen päppelt Peter Ibe derzeit mit dem Fläschchen auf.