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Volksstimme begleitet Polizisten bei ihrer Arbeit / Unfälle und Kontrollen gehören zum Alltag Polizeiruf 110 - Unterwegs zu später Stunde

Von Anja Guse 27.12.2011, 05:24

Egal ob Weihnachten, Ostern oder Silvester, Tag oder Nacht - die Polizisten des Jerichower Landes sind immer im Einsatz. Ihr Alltag wird bestimmt von Unfällen, Diebstählen, Verkehrskontrollen, Schreibarbeit ...

Burg/Gommern l "Mist, wo ist er hin?" Verdutzt schauen sich Kommissar Mathias Engel und Obermeister Holger Belitz an. Eben noch war ein heller Renault Clio an ihnen vorbeigeschossen. Jetzt ist das Auto in einer der vielen Seitenstraßen Burgs verschwunden. Aber wohin?

"Ich glaube, er ist hier entlang", meint Belitz und zeigt nach rechts. Zügig steuert Engel den VW-Bus in Richtung Wilhelm-Kuhr-Straße. Den Fahrer und das Auto würden sich die zwei Polizisten gern genauer ansehen. Der Wagen war verdächtig schnell unterwegs. Vorsichtig fahren sie die Wege ab. Aufmerksam schauen sie in jede Gasse. Selbst einen Garagenkomplex lassen sie nicht aus. Doch alles ist dunkel. Der Renault bleibt verschwunden. "Egal jetzt. Irgendwann finden wir ihn, mit Sicherheit", sagt Engel enttäuscht und lehnt sich zurück.

Es ist Freitagabend gegen 20 Uhr, als die zwei Polizisten in der Kreisstadt Streife fahren. Ihr Ziel: Präsenz zeigen, markante Punkte der Stadt kontrollieren sowie auffällig Autos und deren Fahrer überprüfen. "Aus der Streifenfahrt heraus erwischen wir gewöhnlich mehr Alkoholsünder, als wenn wir uns an irgendeine Ecke stellen und dort warten", erklärt Engel. Und Belitz nickt zustimmend.

Die zwei Männer bilden ein gutes Team, könnten aber kaum unterschiedlicher sein. Am Steuer sitzt der junge Kommissar Engel, 27 Jahre alt, fünf Jahre Erfahrung bei der Bereitschaftspolizei, seit fünf Monaten im Polizeirevier Jerichower Land tätig. Neben ihm sitzt Obermeister Belitz, 51 Jahre alt, gelernter Schiffbauer, seit 1988 bei der Polizei.

Belitz kennt im Landkreis nahezu jede Ecke. Er wuchs im Jerichower Land auf, seine Ortskenntnis ist ein großer Vorteil im beruflichen Alltag.

"Dieser tödliche Unfall geht auch an mir nicht spurlos vorüber."

Die Arbeit auf dem Lande ist geprägt durch lange Wegstrecken zwischen den Orten, aber auch Streifenfahrten durch kleine Städte. Rund 120 Kilometer fährt jede Schicht mit dem Auto umher. Langeweile gebe es aber nie. "Jeder Tag ist anders. Und jeder Fall ist anders und kann sehr spannend werden", meint Engel und schaut aus dem Fenster.

Erst einen Tag zuvor wurde der junge Kommissar zu einem tödlichen Unfall bei Wüstenjerichow gerufen (Volksstimme berichtete). Ein 19-Jähriger war mit seinem Auto von der Straße abgekommen und mit einem anderen Wagen zusammengeprallt. Er starb noch an der Unfallstelle. "Das geht auch an mir nicht spurlos vorüber", sagt der 27-Jährige.

An diesem Abend aber bleibt die Lage im Vergleich zu anderen Tagen vorerst ruhig. Zwei Stunden zuvor haben die zwei Polizisten Radfahrer ohne Licht zum Schieben ermahnt, in Gommern einen Unfall mit Blechschaden aufgenommen und in Nedlitz den Diebstahl von Kupfer dokumentiert. An der Kirche dort verschwanden zwei Regenrohre.

Kaum zurück im Büro beginnt die Schreibarbeit. Jeder Fall wird mit Fotos und Zeugenaussagen dokumentiert - Alltag für Engel und Belitz. "Manchmal sind wir nur zehn Minten vor Ort, schreiben aber danach eine halbe Stunde das Protokoll in den Computer", berichtet der junge Kommissar. Allein für den Unfall in Gommern fertigt er vier Bögen an, darunter eine bildhafte Skizze zum Unfallhergang. Unterdessen versucht Belitz, den Wert des gestohlenen Kupfers zu ermitteln.

Kurz vor Schichtwechsel fahren die zwei Männer noch einmal durch die Stadt. Kaum ein Mensch ist auf den Straßen. Alles ist ruhig.

Das ändert sich schlagartig für die Kollegen der Nachtschicht. Gegen 2 Uhr krachen in Burg an einer Kreuzung ein Kleintransporter und ein Sattelzug zusammen. Die Ampel ist aus, der Transporterfahrer beachtet die Vorfahrt des Lkw nicht. Völlig demoliert bleibt der mit Fenstern beladene Wagen auf der Kreuzung stehen. Der Fahrer ist leicht verletzt.

Mehrere Polizisten fahren zur Unglücksstelle. Sie sichern die Kreuzung ab, fotografieren das Geschehen, nehmen erste Aussagen auf, sichern Spuren. Ein Krankenwagen kommt hinzu, auch die Feuerwehr wird gerufen. Öl muss auf der Straße mit Sand gebunden werden, Scherben liegen überall herum. Knapp eine Stunde sind die Polizisten aus Burg vor Ort.

"Alles in Ordnung. Bis 0,5 Promille darfste haben."

Etwa zur gleichen Zeit sind Oberkommissar Oliver Großmann und Nicole Barthelmann in Gommern im Einsatz. Sie halten Autofahrer an und überprüfen ihre Fahrtüchtigkeit.

Ein junger Mann wird mit 0,4 Promille Atemalkohol am Steuer erwischt. Nur zwei Bier will er getrunken haben. "Na, was bedeutet das jetzt?", fragt Großmann. Der Fahrer zuckt mit den Achseln, bis plötzlich sein Beifahrer kess behauptet: "Ist alles in Ordnung. Bis 0,5 Promille darfste haben." Großmann gibt ihm Recht, belehrt die jungen Männer aber auch über die möglichen Folge, wenn sie alkoholisiert Auto fahren.

2010 hat die Polizei im Jerichower Land 36 Unfälle unter Einwirkung von Alkohol registriert. Dabei wurden sechs Personen schwer und eine Person leicht verletzt. Und immer wieder erwischen die Beamten alkoholisierte Fahrzeugführer. Das geht aus den täglichen Mitteilungen der Polizei hervor.

Dazu gehört auch jener Radfahrer, der plötzlich in Gommern neben den Beamten anhält. Sein Fahrrad ist in Ordnung, die Fahrweise auch, nur die glasigen Augen verraten seine Trunkenheit. Rund 1,4 Promille zeigt das Kontrollgerät an. Ziemlich viel, aber noch nicht strafbar. "Ab 1,6 Promille müsste er definitiv schieben", erklärt Großmann. Der junge Mann grinst und beginnt ein Gespräch. "Auf wen warten sie hier eigentlich?", fragt er. "Jeden Freitag knallen hier Böller. Warum ist da keine Polizei vor Ort?" Großmann und Barthelmann nehmen die Hinweise auf. Nach ein paar Minuten zieht der junge Mann davon.

Oberkommissar Großmann und seine Kollegin fahren weiter. Ihr Ziel ist unter anderem die Gartensparte Am Weinberg. Im vergangenen Winter wurden hier mehrere Lauben aufgebrochen. Ein Obdachloser soll gar in einer gehaust haben. "Der hat sich aus den umliegenden Häuschen mit Decken und Elektrogeräten versorgt", berichtet Großmann. "Und dabei eine Stromrechnung von 500 Euro verursacht." Soweit soll es gar nicht erst wieder kommen.