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  7. Jugend von heute und spießig? Zwei junge Gartenbesitzer räumen mit Klischees auf

In harter Arbeit aus einem verwilderten Grundstück einen schmuckes Kleinod geschaffen Jugend von heute und spießig? Zwei junge Gartenbesitzer räumen mit Klischees auf

Von Stephen Zechendorf 01.06.2012, 05:24

Sie glauben, die ungezogene "Jugend von heute" zu kennen und halten den typischen Kleingartenspartler für spießig und längst im Ruhestand? In Möckern zeigt an Beispiel, dass es anders geht.

Möckern l Nico Hennig ist 22 Jahre alt und Fabian Kupsch 17. Die beiden Möckeraner sind seit acht Jahren beste Kumpel. Jedoch anstatt, wie man es von Leuten in ihrem Alter erwartet, an der Bushaltestelle abzuhängen, haben sie vor über einem Jahr einen Kleingarten in Möckern übernommen und sich das kleine Stückchen Erde hübsch zurechtgemacht. Mit allem drum und dran. Und: "Party machen für alle" ist hier nicht drin, sagen die beiden, während sie an einem der letzten großen Bauprojekte in ihrem werkeln. Die Terrasse der Gartenlaube soll überdacht werden. Derweil besprenkelt der Regner einen perfekt gemähten Rasen, aus dem Kofferradio plärrt Musik und eine Blumenampel baumelt seicht im Wind. Ist das nun spießig oder einfach nur cool?

Der Reihe nach. Aufgewachsen sind die beiden in den Neubaublöcken der Ehlestadt. Beide Eltern haben schon immer einen Garten besessen und so wurden Nico und Fabian mit der Kleingärtnerei groß, halfen bei allen anfallenden Arbeiten auch mit. Fabians Vater sitzt sogar im Vorstand der Kleingartenanlage an der Hohenziatzer Chaussee. Als hier dann drei verwilderte Gartengrundstücke freistanden, meldeten sich die beiden Freunde und entschieden sich für das größte davon, bereit den regulären Obolus für Pacht und Strom zu zahlen. "Erst waren wohl 90 Prozent der Vereinsmitglieder skeptisch", räumt Fabian Kupsch ein. Doch das hat sich inzwischen geändert: Es waren die stolzen Nachbarn, die bei der Volksstimme angerufen haben, um auf die liebens- und lobenswerten jungen Gartenbesitzer aufmerksam zu machen.

Bungalow war Hundehütte

Dabei sah der Garten vor der Übernahme katastrophal aus. Drei Jahre lang war hier nichts gemacht worden. "Man hat keinen Weg mehr erkannt, alles war zugewuchert", erinnert sich Nico Hennig. Noch schlimmer der Zustand der Gartenlaube. Über einen längeren Zeitraum muss hier ein Hund untergebracht worden sein. In dem gesamten zur Hundehütte umgenutzten Bungalow fanden sich die Hinterlassenschaften des Tieres.

Wo andere rückwärts rausgetaumelt wären, packten Fabian und Nico optimistisch an. Rund 50 Müllsäcke wurden herausgeschleppt, aus dem 480-Quadratmeter-Grundstück über 30 Wurzeln herausgerissen und der gesamte Garten umgegraben. Mächtig Unterstützung gab es vor allem von der Familie. "Hier steckt Arbeit drin, die kann keiner bezahlen", sind sich Nico und Fabian sicher. Inzwischen sind im Bungalow ein neuer Boden verlegt, die Wände gestrichen und fast ungebrauchte Möbel aufgestellt worden. Das undichte Dach wurde geflickt. Im Beet stehen neben Radieschen leckere Erdebeeren. In die Gartenarbeit teilt man sich rein, wer Zeit hat, erledigt, was zu tun ist. Bei Nico Hennig richtet sich das nach dem Schichtdienst auf der Arbeit. Bei Fabian Kupsch gibt der Stundenplan der Sekundarschule Möckern die Vorgaben.

"Wir wollten allen beweisen, dass nicht alle Jugendlichen gleich sind", so die beiden Freunde. Bei ihren Bekannten haben sie längst den Ruf "altes Ehepaar" weg. Aber: "Es gibt doch sonst kaum etwas für junge Leute hier", nennen die Jungs einen weiteren Grund, warum sie sich in ihrem Garten am wohlsten fühlen. Die Gartenplanung erfolgt natürlich gemeinsam. "Wir probieren alles mal aus", sagt Nico. Derzeit testen sie, ob in Möckerns Erde auch Wassermelonen gedeihen.