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Beitragssatzung Gardelegen "Da sind Fehler passiert"

Die Entscheidung fällte der Stadtrat 2013. Doch erst am Mittwochabend im Zuge einer Anwohnerversammlung erfuhren Grundstücksbesitzer aus dem Wohngebiet Ost, dass künftig nur die direkten Anlieger für den Straßenausbau zahlen müssen und nicht mehr alle 184 Grundstückseigentümer.

Von Ilka Marten 24.04.2015, 03:18

Gardelegen l "Ja, ich kann den Ärger der Leute verstehen. Wir sind auch selbst Schuld, weil das Thema zu lange hinausgezögert wurde", sagte Bürgermeister Konrad Fuchs gestern im Nachgang zur Anwohnversammlung am Mittwochabend im voll besetzten Rathaussaal, wo zahlreiche Anlieger der Straßen des Wohngebietes Ost ihrem Ärger Luft machten. Die Versammlung war zustande gekommen, weil es ein Schreiben mit Unterschriftenliste von Anwohnern an die Stadtverwaltung gegeben hatte, wo die Betroffenen wissen wollten, warum sich seit 2012 mit dem Ausbau des Kastanienweges nichts mehr getan hat - und wann die Baumaßnahmen weitergehen.

"Warum sagt man uns nicht Bescheid?"

Anwohner

Doch die Anwohner erfuhren nicht nur das, sondern fast alle hörten zum ersten Mal, dass sie zwar für vier bereits sanierte Straßen alle anteilig mitgezahlt haben, es jedoch für die verbleibenden sechs im Wohngebiet nicht mehr der Fall sein wird, dass alle für alles zahlen. Nun finanzieren - entsprechend ihrer Grundstücksfläche - nur noch die Straßenanlieger 75 Prozent der Baukosten, nicht mehr alle 184 Grundstücksbesitzer des Wohngebietes Ost.

Der Grund: Die Klage eines Besitzers gegen die wiederkehrenden Beiträge (siehe Artikel unten) am Magdeburger Verwaltungsgericht war 2013 erfolgreich.

"Warum sagt man uns nicht Bescheid?", fragte ein Anwohner wütend. Fuchs verwies dabei auf die öffentlichen Ausschusssitzungen und die Stadtratssitzung, wo im Oktober 2013 darüber entschieden wurde.

Allerdings: Fuchs hatte bereits im September in den nichtöffentlichen Teilen von Hauptausschuss und Stadtrat die Mitglieder über das Urteil informiert. Dass dies nicht öffentlich passierte, begründete Fuchs gestern mit den Worten. "Wir wussten damals noch nicht, wie es weitergeht."

"So eine Satzung birgt Gefahren."

Manuela Dietrich-Beckers

Vier Wochen später war dies jedoch klar: Der Stadtrat hob am 28. Oktober 2013 ohne Gegenstimme die Satzung der wiederkehrenden Beiträge für das Wohngebiet Ost auf. Damit gilt dort fortan die der einmaligen Beiträge. Eine Tatsache und ihre Konsequenzen, die bis Mittwoch wohl kaum einer der Betroffenen kannte.

In der besagten Beschlussvorlage 506/41/13, die der Stadtrat im Oktober 2013 mit 34 Ja-Stimmen durchwinkte, werden Gründe geliefert, warum die wiederkehrenden Beiträge im Wohngebiet Ost nicht mehr angewendet werden dürfen. "Wichtigster Entscheidungsgrund aber war, dass die Satzung 2008 unwirksam ist, weil die Abrechnungseinheit nicht wirksam gebildet wurde", heißt es darin.

"Wo kein Kläger, da kein Richter."

Bürgermeister Konrad Fuchs

Hat die Verwaltung versagt? "So eine Satzung birgt Gefahren, es ist schwierig, das rechtskonform hinzubekommen", erklärte Fachdienstleiterin Manuela Dietrich-Beckers.

Der Bürgermeister wurde deutlicher: "Wo kein Kläger, da kein Richter", so Fuchs. Doch genau diesen einen Kläger gab es, "und damit ist die Konstruktion zusammengebrochen". Die Satzung mit den wiederkehrenden Beiträgen sei gemacht worden, "um Ihnen einen Gefallen zu tun", so der Bürgermeister am Mittwoch zu den Anwohnern. Aus heutiger Sicht hätte diese Abrechnungseinheit so nicht gebildet werden dürfen, ergänzte er gestern.

Allerdings ist sie laut Begründung des Magdeburger Verwaltungsgerichtes auch aus zwei weiteren Gründen gescheitert: "Die gebildete Abrechnungseinheit ist nicht wirksam veröffentlicht. Der ausgelegte Plan zur Abrechnungseinheit ist nicht hinreichend bestimmt", heißt es dazu in der Beschlussvorlage von Oktober 2013. Zwei formale Fehler der Verwaltung. "Ja, das ist so. Da sind Fehler passiert. Das Gericht hat es so gesehen, dass es nicht ausreichend war, wie wir es gemacht haben", so Dietrich-Beckers dazu.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Magdeburg 2013 anzugehen, hätte nichts gebracht. "Das Oberverwaltungsgericht hätte nicht anders entschieden", hatte die Verwaltungsmitarbeiterin am Mittwoch den Anwohnern erklärt.

Der Ärger einiger Versammlungsteilnehmer war groß. Sie verließen den Saal, bevor die Zusammenkunft offiziell beendet worden war.