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Wissenschaftler erstellen Prognose für die Bevölkerungsentwicklung Studie: 5500 altengerechte Wohnungen fehlen in der Börde

Von Ivar Lüthe 23.07.2013, 03:06

Im Landkreis Börde werden in den kommenden Jahren rund 5500 altengerechte Wohnungen fehlen. Das geht aus der aktuellen Studie "Wohnen 65plus" hervor, die das Regionaldaten-Institut Pestel erstellt hat. Insgesamt müssten im Landkreis Börde 85,8 Millionen Euro in das altersgerechte Bauen investiert werden.

LandkreisBörde l Die Wissenschaftler aus Hannover geben in ihrer Studie erstmals auf der Grundlage der neuen Zensus-Zahlen eine Prognose für die Bevölkerungsentwicklung. Demnach werden im Jahr 2035 im Landkreis Börde rund 56100 Menschen älter als 65 Jahre sein - 53 Prozent mehr als heute.

"Mit der starken Zunahme Älterer wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen rasant wachsen", sagt Pestel-Studienleiter Matthias Günther. Die Prognose für den Landkreis Börde gehe von rund 8190 Pflegebedürftigen im Jahr 2035 aus. "Bei dieser Entwicklung wird es höchste Zeit, barrierearme Wohnungen für Senioren zu schaffen. Ziel muss es sein, die älteren Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen zu lassen. Auch dann noch, wenn sie dort ambulant gepflegt werden müssen. Die Alternative ist der Umzug ins Pflegeheim. Genau das wollen viele Ältere aber nicht", sagt Matthias Günther. Zudem führe die stationäre Pflege im Heim zu enormen Mehrkosten.

Ein Pflegeplatz im Heim koste - im Vergleich zur ambulanten Pflege zu Hause - pro Jahr rund 7200 Euro mehr. Verglichen mit dem Aufwand, der notwendig ist, um eine Wohnung altersgerecht zu sanieren, gehe die Rechnung schnell auf. Jedenfalls die, die das Bundesbauministerium ganz offiziell aufmacht: "Demnach kostet der Umbau einer barrierearmen Wohnung durchschnittlich 15600 Euro. Rein wirtschaftlich betrachtet lohnt es sich also, in das altersgerechte Bauen und Sanieren zu investieren", sagt Matthias Günther. Schon mit der Einsparung der Extrakosten für die Heimpflege lasse sich eine seniorengerechte Wohnungssanierung in gut zwei Jahren finanzieren.

Insgesamt müssten im Landkreis Börde 85,8 Millionen Euro in das altersgerechte Bauen investiert werden. Nur so könne es nach Angaben des Pestel-Instituts gelingen, die rund 5500 zusätzlichen Senioren-Wohnungen zu schaffen. Dies funktioniere jedoch nur dann, wenn es hierfür finanzielle Anreize gebe: "Es ist dringend notwendig, den Neubau und das Sanieren von altersgerechten Wohnungen stärker zu fördern", sagt Matthias Günther. Insbesondere der Bund sei hier gefordert. Die Politik müsse dabei - neben zinsverbilligten Krediten bei der KfW-Förderung - verstärkt auch auf direkte Bau-Zuschüsse und die steuerliche Abschreibung setzen. "Denn ein Kredit mit 20Jahren Laufzeit stößt bei einem 70-Jährigen in der Regel nur auf wenig Interesse", so Günther.

Die Studie zum Senioren-Wohnen hat das Verbändebündnis "Wohnen 65plus" in Auftrag gegeben. Dazu gehören der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB).

Das Verbändebündnis wirft den Parteien vor, das drängende Thema "Wohnen im Alter" zu vernachlässigen. Die Verbände appellieren an die Bundestagskandidaten aller Parteien im Landkreis Börde, sich wesentlich stärker um dieses Sozialthema zu kümmern. Der Landkreis Börde dürfe nicht auf eine "graue Wohnungsnot" zusteuern.