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Seehäuser Ehepaar Sigrid und Günther Haut nach beeindruckender Indienreise wieder zurück in der Heimat Eindrücke aus dem Palast des Maharadschas

Von Andreas Puls 26.03.2011, 05:31

Mit vielen Eindrücken ist der Seehäuser Uhrmachermeister Günther Haut Anfang März von einem weiteren Arbeitsaufenthalt aus dem Ausland zurückgekehrt. Die Reise führte den Uhrenexperten diesmal aber nicht nach St. Petersburg, wie bei vielen Reisen zuvor, sondern nach Indien. Auch dort reparierte er gemeinsam mit Berufskollegen wertvolle historische Zeitmesser. Günther Haut wurde bei dieser Reise auch von seiner Frau Sigrid begleitet.

Seehausen. Von den Arbeitseinsätzen der Uhrmachermeister des Fachkreises Historische Uhren Schloss Raesfeld (dem auch Günther Haut angehört) in den Schlössern und Museen von St. Petersburg wurde auch im Fernsehen berichtet. Einen solchen Beitrag hatte zufällig eine Bekannte des indischen Maharadschas von Jodhpur, Gaj Singh II, gesehen und berichtete ihm davon. Ebenso wie in St. Petersburg ist der einst als Herrschaftssitz genutzte Palast von Jodhpur - heute eine der weltweit größten Privatresidenzen - in Teilen ein Museum. Zu den Exponaten zählen zahlreiche historische Uhren, die größtenteils nicht mehr funktionstüchtig sind. Auch sie sollen - ebenso wie die St. Petersburger Zarenuhren - nach und nach von den Experten des erwähnten Fachkreises restauriert werden. Die erste derartige Arbeitsreise unternahmen Haut und seine fünf Berufskollegen jeweils mit Frauen beziehungsweise Partnerinnen vom 12. bis 27. Februar. Es war weit mehr als eine Arbeitsreise. Den deutschen Gästen wurde ein wahrhaft fürstlicher Empfang bereitet...

Von Frankfurt/Main ging es mit dem Flugzeug nach Delhi und von dort aus weiter mit dem Flieger in das 600 Kilometer südwestlich der indischen Hauptstadt und nahe an der Wüste Thar gelegene Jodhpur im Bundesstaat Rajasthan. Die Stadt wurde 1459 gegründet und zählt heute 930000 Einwohner. Die sehr sehenswerte Altstadt mit ihren engen Gassen, Sandsteinhäusern und einer riesigen gut erhaltenen Festung ist von einer zehn Kilometer langen Stadtmauer umgeben. "Von der Festung aus hat man einen herrlichen Ausblick auf die vielen blau gestrichenen Häuser von Jodhpur. Blau ist die Farbe des bedeutenden Hindu-Gottes Krishna", erklärt Sigrid Haut, die noch immer ganz unter dem Eindruck dieser Reise steht.

Die Gäste aus Deutschland hatten die Reise nach Indien selbst finanziert, ansonsten waren sie persönliche Gäste des Maharadschas. "Der hat zwar heute keine Machtbefugnisse mehr, aber er und seine Familie sind nach wie vor die Besitzer des Umaid Bhawan Palastes - einem pompösen, traumhaft schönen Prunkbau, der nach dem Großvater des heutigen Maharadschas, Umaid Singh, benannt ist. "Ein Großteil dieses Palastes ist heute Hotel, ein weiterer Teil öffentlich zugängliches Museum, und ein kleiner Bereich wird vom Maharadscha und seiner Familie bewohnt", sagt Haut. Und seine Frau fügt hinzu: "Die Gastfreundschaft war einfach unbeschreiblich. Vom Flughafen wurden wir abgeholt und durften von da an nicht einmal mehr unser Gepäck anfassen. Man brachte uns mit einer weißen Kutsche zum Palast. Dort angekommen, schritten wir auf einem roten Teppich, auf den Rosenblüten verstreut lagen, die Treppe hinauf. Die Begrüßung erfolgte natürlich indisch - Hände falten, Kopf leicht senken und lächeln." Während des gesamten Aufenthalts wurde den Gästen buchstäblich jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Verwöhnt wurden sie aber nicht nur im Palast. Man organisierte für die Reisegruppe Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten Jodhpurs und der Umgebung und lud sie zu Empfängen ein. Untergebracht waren die Deutschen im Hotel des Palastes. Fürstlich-exotisch natürlich auch das tägliche Essen, das aus herrlich hergerichteter indischer Kost bestand.

Günther Haut: "Mit einem aromatischen Cocktail empfing uns schließlich auch Karni Jasol, der Direktor des Museums. Er führte uns durch das Museum und den Palast." Am nächsten Morgen wurde ein Raum zu einer provisorischen Werkstatt eingerichtet. Werkzeug hatten wir selbst mitgebracht. Die zu reparierenden Uhren wurden gebracht und so konnte die Arbeit endlich beginnen." Der Seehäuser Uhrmachermeister schaffte es in der zur Verfügung stehenden Zeit, zwei Uhren instandzusetzen und zu restaurieren - einen englischen Seechronometer aus der Zeit um 1850 und eine französische Tischuhr (um 1880). Eine Herausforderung war nicht nur die Reparatur, sondern auch die Aufarbeitung der Uhren. "Durch die hohe Luftfeuchtigkeit in Indien sind die Zeitmesser im Laufe der Zeit extrem angelaufen. Daher ist es mit einem großen Aufwand verbunden, den Stücken wieder zu ihrem ursprünglichen Glanz zu verhelfen", so Haut. Einige Uhren, so der Seehäuser weiter, konnten nicht vor Ort repariert werden. So wurden Uhrenteile mit nach Deutschland genommen, um sie hier zu reparieren, aufzuarbeiten beziehungsweise die entsprechenden Ersatzteile zu besorgen. Sie werden zur nächsten Reise wieder mit nach Indien genommen. Haut: "In dem Palast warten noch etliche weitere Uhren auf Reparatur. Es wird also nicht unsere letzte Reise nach Jodhpur gewesen sein." Hauts und ihre Begleiter genossen natürlich nicht nur den Aufenthalt im Hotel und Palast und die für sie organisierten Reisen, sondern unternahmen Spaziergänge durch die Straßen Jodhpurs. Sie mischten sich also mitten unter das Volk und sammelten Eindrücke, von der wohl fast jeder Asienreisende berichten kann - Hektik auf den Straßen, ständiges Gehupe, Abgase, dabei aber eine bewundernswerte Gelassenheit der Menschen. Und nicht zu vergessen die heiligen Kühe.

"Ich habe die Inder als freundliche, sehr sympathische, aufgeschlossene und interessierte Menschen kennengelernt. Kinder und Jugendliche grüßen sofort mit ,Hello!\' Bewunderswert ist auch, dass trotz Müllproblematik und Wasserknappheit die meisten Leute ordentlich gekleidet sind und in zwar kleinen, aber sauberen Wohnungen leben. Es gibt natürlich auch bittere Armut. Mit Blick darauf ist es aber auch erstaunlich, mit welcher Gelassenheit die Inder diese Situation betrachten", sagt Sigrid Haut. Ihr abschließendes Fazit: "Es war eine kontrastreiche Reise in ein unbekanntes Land. Der Luxus hatte den Zauber eines Märchens. Das tatsächliche Leben außerhalb des Palastes war ebenso faszinierend, weil hier die wirkliche Kultur eines Volkes zu spüren ist."