Gesellschaftssatiriker strapazierte die Zwerchfelle des Publikums im fast ausverkauften Salzwedeler Kulturhaus Wischmeyer, der Mahner

Von Torsten Adam 14.05.2011, 04:25

Dietmar Wischmeyer in Aktion, da bleibt vor Lachen kein Auge trocken, kein Zwerchfell unstrapaziert. So auch am Donnerstagabend im fast voll besetzten Platz Salzwedeler Kulturhaus. Der Gesellschaftssatiriker, vielen aus dem "Frühstyxradio" von Radio ffn bekannt, begeisterte mit seinem neuen Programm "Deutsche sehen dich an - Reisen zu den Quellen des Irrsinns."

Salzwedel. Unverblümt offen, mit drastischen, skurrilen Wortschöpfungen wie kein zweiter hält er der Gesellschaft einen Spiegel vor. Ob in seinen Paraderollen als "Günther, der Treckerfahrer" und als "Kleiner Tierfreund" oder eben als Dietmar Wischmeyer selbst.

Eine dieser Spezies, die der 54-jährige Niedersachse mit spitzer Zunge aufs Korn nimmt, sind Politiker. Das Publikum darf seine Lieblinge aus dem "Buch der Helden" auswählen. Da ist Dirk Niebel, der einzige noch nicht umgepfropfte FDP-Minister. Warum auch, hat er doch den inkompetentesten Posten bereits inne. Da ist Renate Künast, die sich beim Blick in den Spiegel an die Nase fasst und keine Veränderung des Spiegelbildes feststellt. Bis der Grünen auffällt: "Scheiße, aus Versehen auf das Frankenstein-Poster gesehen". Da ist "Wowi", Berlins Regierender Bürgermeister. Plastisch schildert Wischmeyer den beschwingten Alltag des SPD-Strahlemanns und Klaus Wowereits Regierungsmotto: "Wo es keine Lösung gibt, droht auch keine Arbeit."

Der Komödiant zeigt Mitleid mit E10-geplagten Autofahrern, beschreibt köstlich einen Werkstattbesuch samt saftiger Rechnung, nachdem ein Zufallsgenerator im Steuergerät des Pkw altägyptische Piktogramme auf die Armaturenanzeige zaubert.

Eine Frontalattacke reitet Wischmeyer gegen Esoterik- und Astro-TV: Warum sollte man von jenen, die Glasmurmeln und Druidensterne verticken, etwas kaufen, wenn diese aussehen, als ob sie selbst vom Glück im Stich gelassen worden sind. "Wir kaufen ja auch keine Enthaarungscreme von einer Steppenelse mit Damenbart oder einen Bausparvertrag von einem Obdachlosen", begründet er einleuchtend und wundert sich, warum dennoch Menschen darauf reinfallen, obwohl sie sich ihren Vornamen auch noch ohne iphone merken können.

Das Tierreich ist da dem zweibeinigen Säuger doch um einiges voraus: Der Bär scheißt auch ohne Antrag auf Reststoffverwertung in den Wald, die Lerche tiriliert am Firmament auch ohne Kulturfinanzierung und der Fuchs gräbt seinen Bau auch ohne Katasteramt. Und wer nicht mehr kann, stellt sich eben als Futter zur Verfügung. Ja, das Leben könnte so einfach sein in Deutschland...

Auch für Günther, den Treckerfahrer. Doch schon der Start ins neue Jahr ist besch... Um halb drei nach Mitternacht hat er eine Mischung im Magen, mit der man ein Jahr lang das Unkraut auf der Terrasse vernichten könnte. Und der Januar wird nicht besser. Überall Grünkohl-Fressen: daheim, beim Kirchenvorstand oder den Freunden vom Swingerclub. Noch schrecklicher ist der Valentinstag, wenn der Rochen zu Hause wieder nach Geschenken schreit. Da bleibt nichts anderes übrig, als in der Parfümerie das Insektizid mit der vierstelligen Postleitzahl zu kaufen. Und dann der Karneval erst. Nur das komplette Einnässen der Leber macht dieses Schauspiel erträglich. In der mit langanhaltendem Beifall geforderten Zugabe gibt Treckerfahrer Günther dann richtig Gas und beschreibt den Ablauf des Vatertages, der irgendwo zwischen Bananenschnaps, Erbrochenem und totalem Ausfall der Vitalfunktionen endet.

Wer die größten Vollidioten sind, daran lässt Dietmar Wischmeyer indes keine Zweifel: Leute, die beim Grillen Brennspiritus auf glühende Kohlen spritzen. Er ist eben in erster Linie ein Mahner. Und das sollte endlich auch mal in einer Zeitungsschlagzeile gewürdigt werden anstatt seiner "dreckigen Witze", wünscht er sich.