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Brustzentrum Altmark: Schauspielerin Kathrin Spielvogel beim Patiententag in Salzwedel Von starkem Lebenswillen und Hoffnung

13.10.2011, 04:22

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Auch Schauspielerin Kathrin Spielvogel ist betroffen. Beim Patiententag am Sonnabend wird sie darüber reden. Volksstimme-Redakteurin Heike Heinrich sprach mit ihr.

Volksstimme: Frau Spielvogel, Sie sind bekannt aus Film, Fernsehen und vom Theater. Da gibt es aber einen Film, in dem Sie unfreiwillig die Hauptrolle spielen: "Ich will ja leben, oder?".

Kathrin Spielvogel: Ich bekam 2006 die Diagnose Brustkrebs, wie jährlich über 50000 andere Frauen in Deutschland leider auch. Ich fühlte schnell, dass ich festhalten möchte, was weiter passieren würde. Eine Freundin, die Fotografin ist, hat ihren Weg durch die Krankheit mit der Fotokamera dokumentiert. Dadurch wurde ich inspiriert, und bei meinem Beruf lag die Videokamera nahe. Ich habe mich über die folgenden neun Monate selber gefilmt. Mitte 2007 habe ich mir das Material, 12 Stunden, das erste Mal angeschaut. Und dann habe ich in zwei Jahren mit Nicholas Feustel, Produzent und Regisseur, daraus den Dokumentarfilm: "Ich will ja leben, oder? - ein Krebsvideotagebuch" geschnitten und produziert. Mit diesem Film bin ich seit vergangenem Jahr auf Vortrags-Tour.

Volksstimme: Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie die Diagnose Brustkrebs erfahren haben? Was ging in Ihnen vor?

Kathrin Spielvogel: Ich hatte den Vor- oder Nachteil, schon zwei Jahre mit einem Dcis (Duktales Carcinoma Insitu), eine Art Krebs-Vorstufe, in meiner rechten Brust, gelebt zu haben. Als die Diagnose invasives Carcinom dann kam, war ich etwas vorbereiteter, als wenn es vollkommen aus dem Nichts gekommen wäre. Dennoch kann Frau darauf nicht vorbereitet werden. Der Boden wird dir erstmal unter deinen Füßen weggezogen.

Volksstimme: Ist es Ihnen schwergefallen, sich zum Brustkrebs zu bekennen, es öffentlich zuzugeben und anzusprechen?

Kathrin Spielvogel: Ich habe lange an dem Film gearbeitet, und dieser Weg war ein großes Stück Verarbeitung für mich. Von vielen Tränen begleitet, aber auch sehr heilsam. Als ich erkrankt war und dann in der Chemotherapie steckte, habe ich mich oft geschämt, dafür, dass ich krank bin, dass ich nicht mehr mithalten kann, was meine Arbeit und die Lebensplanung betrifft. Als der Film ausgestrahlt wurde, hatte ich große Angst, missverstanden zu werden. Aber die Reaktionen auf den Film waren so überwältigend positiv und zahlreich, dass ich wusste, wir haben es richtig gemacht. Ich wollte aufklären darüber, dass Chemotherapie leider soviel mehr ist, als nur die Haare zu verlieren und zu kotzen. Ich wollte mehr Verständnis bei Angehörigen hervorrufen, und ich wollte auch Ärzten zeigen, was solch eine heftige Therapie für einen Patienten bedeuten kann.

Volksstimme: In Ihrer Brust wurden sechs Tumore gefunden, Sie haben sechs Chemotherapien hinter sich. Gab es Stunden, Tage, in denen Sie nicht mehr gegen den Krebs ankämpfen wollten oder konnten?

Kathrin Spielvogel: Nach der Operation - mir wurde die rechte Brust entfernt - hatte ich große Probleme, wusste teilweise nicht, wie es weitergehen soll oder kann. Die Chemotherapie hat interessanter Weise meinen Kampfeswillen geweckt. Nach der zweiten Sitzung hat der sture Teil in mir entschieden: "Das machst du nicht umsonst. Diesen Wahnsinn stehst du nicht durch, um danach nicht mehr hier zu sein."

Volksstimme: Und was hat Sie wieder aufgebaut, Ihnen geholfen zu sagen "Ich will ja leben"?

Kathrin Spielvogel: Das ist eine gute Frage und nicht einfach zu beantworten. Während der Therapie war es vielleicht eine Kombination aus sehr starkem innerem Überlebenswillen und der Hoffnung, dass ich diesen Weg nicht umsonst beschreiten muss.

Volksstimme: Welche Rolle hat dabei Ihr Umfeld gespielt?

Kathrin Spielvogel: Eine sehr große! Ohne die Hilfe und Unterstützung meiner Eltern und durch meinen engsten Freundeskreis hätte ich das niemals durchstehen können. Dafür bin ich allen für immer dankbar.

Volksstimme: Hat der Krebs Ihre Einstellung zum Leben verändert?

Kathrin Spielvogel: Die klassische Frage, die auch ich heute mit einem Ja beantworte. Im Film sage ich an einer Stelle, ich käme mir vor wie mein eigenes Krebsklischee, bei dem Gedanken daran, Dinge ändern zu wollen. Es ist so gekommen. Ich gehe bewusster mit meiner verbliebenen Kraft um. Ich lenke meine Gedanken bewusster, lasse mich nicht mehr schnell beeinflussen. Ich bin aus dem "Funktionieren-um-jeden-Preis-Hamsterrad" ausgestiegen. Und ich schaue mein Leben aus einer lebensbejahenden Perspektive an.

Volksstimme: Was raten Sie Frauen, die sich ebenfalls mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert sehen?

Kathrin Spielvogel: Eines der wichtigsten und zugleich schwierigsten Dinge ist, bei sich zu bleiben, dem Arzt auf Augenhöhe zu begegnen und seinen individuellen Weg zu gehen. Verlieren Sie nicht den Humor und informieren Sie sich bei Organisationen wie zum Beispiel www.mamazone.de.