1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Autonomes Zentrum erhält noch eine Chance

Eigentümer wollen erst im Falle einer weiteren Belästigung einen Anwalt einschalten Autonomes Zentrum erhält noch eine Chance

Von Philip Najdzion 11.05.2012, 03:14

Neues vom Nachbarschaftsstreit am Autonomen Zentrum: Die Eigentümer der Häuser an der Mühlenstraße in Salzwedel wollen nach Entschuldigungen der Zentrumsnutzer erst einmal von anwaltlichen Schritten absehen.

Salzwedel l Fast 20 Menschen sitzen im "Eisen-Carl". Sie sind Eigentümer von Wohnungen an der Mühlenstraße. Die Stimmung ist aufgeheizt. Sie sprechen von Wertminderung ihrer Immobilien. "Wir sind nicht bereit, diesen Zustand hinzunehmen", sagt ein Mann. "Ich habe keine Lust, meine Mieter zu verlieren, weil sich diese Leute nicht benehmen können", sagt ein anderer. Mit "diesen Leuten" sind die Menschen im Autonomen Zentrum an der Altperverstraße gemeint.

Ruhestörung, wildes Müllverbrennen und Nackte im Hinterhof - die Liste der Vorwürfe gegen sie ist lang (wir berichteten). Bewohner der benachbarten Mühlenstraße hatten sich in einem offenen Brief beschwert. Das Thema erregt die Gemüter während der Eigentümerversammlung am Mittwochabend.

"Wir schalten jetzt einen Anwalt ein. Das haben wir einstimmig beschlossen", verkündet ein Mann mittleren Alters. Er gehört zur Hausverwaltung der Wohnblöcke. Der Anwalt soll einen Brief an Salzwedels Oberbürgermeisterin und die Stadtratsfraktionen formulieren.

Dann meldet sich eine Frau zu Wort: "Sie (die Nutzer des Autonomen Zentrums/Anm. d. Red.) haben sich doch entschuldigt und sind rumgegangen." Stille. Eine Dame holt einen Brief heraus. Diesen hätten die Menschen aus dem Autonomen Zentrum verteilt und auch bei ein paar Bewohnern persönlich um Entschuldigung gebeten. "Ich finde es nicht gut, wenn wir sie jetzt einfach abschmettern", fügt sie hinzu.

"Wir bitten nochmals um Entschuldigung und hoffen auf einen guten Neuanfang"

"Erst einmal hören wir uns an, was sie geschrieben haben", schlägt der Mann aus der Verwaltung vor. Skeptische Blicke bei manchen Eigentümern. Ein Mann beginnt vorzulesen: "Liebe Nachbarn und Nachbarinnen", beginnen die ungewöhnlichen Anwohner ihr Schreiben. Sie möchten sich für die "von uns verursachten Unannehmlichkeiten und Störungen entschuldigen", schreiben sie und betonen, dass sie die dargelegten Probleme sehr gut nachvollziehen könnten. Sie schlugen ein Gespräch vor und würden sich freuen, wenn "wir ein gepflegtes und gutes nachbarschaftliches Verhältnis aufbauen könnten".

"Wir bitten nochmals um Entschuldigung und hoffen auf einen guten Neuanfang", beenden sie ihr Schreiben. Unterzeichnet ist der Brief mit "Die Menschen aus dem AZ Kim Hubert" - AZ steht für Autonomes Zentrum.

"Das ist doch nett", sagt eine ältere Dame. Einige Eigentümer schauen sich an - sie nicken. In der Zeit seit dem Volksstimme-Artikel sei es ja auch ruhig geblieben, erwähnt ein Mann.

"Warten wir erst mal ab", meint ein anderer mit warnendem Unterton. Der Verwalter schaut sich um und schlägt vor: Erst einmal wollen die Eigentümer nichts unternehmen. Wenn wieder nachts Konzerte stattfänden, "dann gehen wir sofort zum Anwalt", stellt der Versammlungsleiter klar. "Wer ist dagegen?" will er wissen. Stille. "Wer ist dafür?" Die Anwesenden nicken. Sie hoffen, dass sie die Menschen aus dem Autonomen Zentrum beim Wort nehmen können und sich etwas ändert.

Ein ursprünglich im Internet für kommenden Sonntag angekündigtes Konzert der "Autonomads" findet jetzt in Hannover statt. Das Tourplakat wurde entsprechend geändert. Die Punk-Band aus Manchester wird in Hannover spielen - bezeichnenderweise in der "Sturmglocke".

Der Sturm ist an der Mühlenstraße wohl vorbeigegangen.