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PGH Fleisch- und Wurstwaren GmbH befindet sich in der Insolvenz "Hätten teils Löhne nicht zahlen können"

Eine wirtschaftlich schwere Phase macht die PGH Fleisch- und Wurstwaren
GmbH derzeit durch. Im November hat Geschäftsführer Sven Kresse die
Insolvenz angemeldet. Wenn alles nach Plan läuft, ist das Schönebecker
Unternehmen im Mai wieder liquide.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 28.02.2014, 02:15

Schönebeck l "Da muss ich meinen Kittel holen", sagt Sven Kresse, als es um ein Foto in der Produktion für die Volksstimme geht. Für seine Mitarbeiter ist die weiße Kleidung alltäglich. Für Kresse nicht. Er ist der Geschäftsführer der PGH Fleisch- Wurstwaren GmbH in Schönebeck. "Ich habe Fleischer gelernt", sagt er. Doch seitdem er die Leitung des Unternehmens übernommen hat, bleibt dem heutigen Eggersdorfer nicht mehr die Zeit, selbst in der Produktion Hand an zulegen. Außer nun einmal für das Foto. Inzwischen kann er Scherze machen. So zum Beispiel, dass sich seine Mitarbeiter lustig machen werden, dass der Chef nun ausgerechnet für ein Foto den Kittel aus dem Schrank holt. Doch die Witze gehen dem 41-Jährigen noch nicht ganz so einfach über die Lippen. Für Kresse ist es eine Zeit der gemischten Gefühle. Denn seit dem 30. Dezember 2013 befindet sich sein Unternehmen in der Insolvenz.

"Auf keinen Fall liegt es an unserer Qualität oder dem Service", schätzt Kresse ein. Vielmehr liegen "die Gründe für diesen Schritt in der allgemeinen Situation der gestiegenen Preise für Rohstoffe und Benzin", sagt Kresse. Das betreffe sein Unternehmen genauso wie die Kunden, sagt Kresse. "Da greift man doch schnell mal zu den vermeindlich sehr günstigen Produkten im Markt", sagt er und schlägt gleichzeitig eine Bresche für alle Fleischerfachgeschäfte in der Region: "Oft sind die Produkte im Fleischerfachgeschäft nicht so teuer, wie viele glauben." Doch wenn der Vergleich der Preise gescheut wird, bleibt für die Fleischer die Konkurrenz zu den zahlreichen Discountern im Stadtgebiet. "Manchmal ist ein genauer Blick auf den Preis per Kilogramm recht aufschlussreich", sagt er.

Reparaturleistungen 2013 in Höhe von 40000 Euro

Außerdem habe dem Unternehmen, das seit 1958 am Standort in der Chausseestraße ist, der Umsatzrückgang übel mitgespielt. Hinzu seien einige Reparaturleistungen im Jahr 2013 gekommen, sie schlugen mit rund 40000 Euro zu Buche. "Wir hatten so gut wie alle Rechnungen bezahlt", blickt der Geschäftsführer auf das vergangene Jahr zurück. Aber: "Wir hätten teilweise die Löhne nicht zahlen können." Dieser Fakt sei am Ende ausschlaggebend gewesen. Im November meldete die Geschäftsführung - eine Doppelspitze - die Insolvenz an. Zum 30. Dezember wurde das Insolvenzverfahren schließlich eröffnet.

Die Folge? Von vormals rund 60 Mitarbeitern gehören jetzt 46 Frauen und Männer inklusive drei Auszubildende zu dem Betrieb. Davon sind sieben in der Produktion, eine Frau für die Reinigung, zwei in der Verwaltung und der Rest im Verkauf tätig. Vor der Insolvenz wurde die PGH zudem von zwei Geschäftsführern geleitet. Doch Kresses Kollegin Elke Gelzer ist in Folge der Insolvenz von ihrem Amt zurückgetreten. "Auch wegen ihres Alters hat sich die Kollegin freiwillig von der Verantwortung getrennt", sagt Kresse, der über die weitere Tätigkeit von Elke Gelzer im Unternehmen sehr froh ist.

Insgesamt betreibt die PGH acht Filialen in Schönebeck (4), Calbe, Barby, Magdeburg und Biere sowie zwei Verkaufswagen, die unter anderem auf den Märkten in Schönebeck stehen und über die umliegenden Dörfer ziehen.

"Nicht alle Mitarbeiter wurden wegen der Insolvenz gekündigt", stellt Kresse in diesem Zusammenhang klar. Einige seien in Rente gegangen, einige hätten selbst das Arbeitsverhältnis beendet. Am Ende bleiben die nun 46 Mitarbeiter - von ihnen sagt der Firmenchef, dass sie in dieser Phase sehr engagiert sind und sehr gute Arbeit leisten. Mit ihnen will der Geschäftsführer die PGH in wieder ruhige Zeiten bringen. Wichtig für Kresse ist hierbei, "dass der Rechtsträger bestehen bleibt", das heißt alles - so auch der Unternehmensname - bleibt gleich.

"Momentan bin ich zurückhaltend positiv eingestellt", sagt Sven Kresse. Auch wenn an den Mitarbeitern eingespart wurde, so sollen die acht Filialen bestehen bleiben. "Denn alle Filialen bringen ihren Deckungsbeitrag", schätzt Kresse die Zahlen ein. Gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter Schwarz, der der Firma zur Seite gestellt wurde, wird nun ein Insolvenzplan erstellt. Dabei geht es um die Frage: Wo soll und kann investiert werden?

Mitarbeiterzahl von 60 auf 46 reduziert

"Wir brauchen ein neues Waren-Wirtschaftssystem", sagt Kresse. Denn: "Es ist sehr wichtig, um viele Arbeitsabläufe im Betrieb zu steuern, und es bietet einen kompakten Überblick auf alle Bereiche des Unternehmen", sagt der Geschäftsführer. Andererseits helfe ein neues System, die Produktinformationen in den einzelnen Filialen vor Ort schnell zugänglich zu machen Doch ohne Kosten gibt es kein neues Waren-Wirtschaftssystem. "Das wird rund 100000 Euro kosten", sagt der Geschäftsführer, der davon ausgeht, dass das Insolvenzverfahren bis Mai/Juni abgeschlossen sein wird.

Seit 1988 gehört der Eggersdorfer zum Unternehmen, seit 2006 führt er die PGH. Für ihn steht die Verbundenheit zur Firma und zur Region im Vordergrund. Deshalb will Kresse die PGH sauber aus dieser schwierigen Lage herausbringen. "Wir müssen uns nun ordentlich für die Zukunft aufstellen", sagt er - derzeit geschieht das mit Hilfe der Schwarz-Insolvenzverwaltung. Ein Weg in diese Richtung sei der, den Bereich Catering auszubauen. Deshalb hat er in neue Flyer, Equipment und Schulungen der Mitarbeiter investiert - vielleicht helfen die Kunden für ein zweites starkes Standbein der PGH.