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Vor einem Jahr lockten Temperaturen von 20 Grad ins Freie / Krötenwanderung verschiebt sich Flockenwirbel statt Frühlingsblumen

Von Ulrich Meinhard 20.03.2013, 02:14

Heute ist Frühlingsanfang. Die Temperaturen sehen anders aus. Die Salzländer bibbern und sind genervt vom Schnee. Volksstimme hörte sich um und sammelte Stimmen zu diesem besonderen Start in den Lenz.

Staßfurt/Schönebeck l Das war ein Start in den Frühling - vor genau einem Jahr herrschten im Salzland satte Plusgrade. Hobby-Meteorologe Hans-Eberhard Gorges aus Calbe hat für die Volksstimme in seinen Aufzeichnungen geblättert. "Am 15. März 2012 hatten wir 11,8 Grad Celsius, einen Tag später sind die Temperaturen auf 20,9 Grad Celsius gestiegen und am 17. März zeigte das Quecksilber immerhin noch satte 17,7 Grad Celsius an", berichtet Hans-Eberhard Gorges und erinnert sich noch ganz genau an das laue Frühlingslüftchen. "Ostern war in der ersten Aprilwoche und da waren alle Gärten bereits fertig."

Ein völlig anderes Bild ein Jahr später. In der Nacht zeigen sich Minusgrade, die bis in den zweistelligen Bereich rutschen. Tagsüber bleibt es kalt, eine dicke Schneeschicht liegt über allem. "Das ist gravierend für die Landwirtschaft. Die Bauern können kaum einen Handschlag machen. Und den Gärtnern geht es nicht anders." Dass der Schnee schmilzt, reiche allein nicht aus, der Boden müsste ja noch trocknen, um behandelt zu werden.

Ein Phänomen, so der ehrenamtliche Wetterbeobachter, sei der heutige Frühlingsanfang trotzdem nicht. "Das hat es zu früheren Jahren schon oft gegeben." Seit fünf Monaten habe man jetzt Winter, immer wieder mit wellenartig auftretenden Kälteperioden. "Diese Zyklen sind beim Wetter oft zu beobachten." Auch eine zweite Entdeckung hat der Calbenser gemacht. Die Wetterlage mit ihrer Anordnung von Hoch und Tief entspricht jetzt genau derjenigen von 2002 - damals gab es das Jahrhunderthochwasser. "Das bedeutet aber nicht, dass wir Hochwasser erwarten müssen. Damals kamen noch Unwetter elbaufwärts - in Sachsen und Tschechien."

Wie lange sich die dicke Schneedecke noch auf die Lande legt, dass mag Hans-Eberhard Gorges nur ungern prophezeien. Er hält es da lieber mit dem Sprichwort: "Weihnachten im Klee, Ostern im Schnee". "Ein Teil der Bedingung ist ja im Dezember schon erfüllt", sagt der Calbenser schmunzelnd.

Die von Hans-Eberhard Gorges angesprochenen Beeinträchtigungen der Natur bestätigen die Experten. Eher verwirrt sind gegenwärtig freilebende Tierarten. Mit den länger werdenden Tagen besetzten vor allem Vögel ihre Reviere und wollten mit dem Nestbau beginnen. "Aber mit der Kälte ist alles ins Stocken geraten", weiß Michael Wunschik vom Naturschutzbund des Salzlandkreises. Die Kälte lasse alle Aktivitäten ruhen. Vielleicht muss der Nabu die für Sonnabend und Sonntag angesetzte Aktion "Krötentaxi" verschieben. Bei diesem Bibberwetter will keine Kröte ins Taxi, sprich: Die Lurche bleiben in ihren Winterverstecken im Wald und bewegen sich nicht. "Im vergangenen Jahr war die Aktion schon durch", vergleicht Wunschik die Wetterlagen.

Rückkehrer wie Stare oder Störche würden zwar nicht so schnell erfrieren, dafür aber findet vor allem Adebar keine Nahrung.

Die Flora hingegen könne mit Minusgraden Ende März recht gut umgehen. "Die Frühblüher jedenfalls sind auf solche Extreme eingestellt", erläutert der Experte.

Die Polizei im Salzlandkreis verzeichnet dieser Tage viele Unfälle. Seit Montagabend waren es bis gestern Mittag sechs im Schönebecker Raum, weniger im Staßfurter Bereich: Das Journal des Polizeireviers Salzlandkreis in Bernburg weist nur einen gemeldeten Unfall aus.

Die Zahlen liegen über den üblichen Werten, doch von einem gravierenden Anstieg würde Markus Loichen vom Polizeirevier nicht sprechen. "Der Winter war seit November schon oft mit Schnee und Eis da, inzwischen haben sich die Autofahrer in ihrer Fahrweise an die Witterung angepasst." Glücklicherweise handele es sich bei allen Crashs um Blechunfälle. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen.