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Schönebeck und Staßfurt gedenken mit Stolpersteinen jüdischen Mitbürgern Messingplatten erinnern an Schicksale

Von Franziska Richter und Ulrich Meinhard 04.05.2013, 01:16

Schönebeck/Staßfurt. In Deutschland und Europa sind in den vergangenen Jahren Tausende sogenannter Stolpersteine verlegt worden. In ihrer Gänze betrachtet gelten sie als das größte Flächendenkmal Europas. Im Salzlandkreis beteiligen sich die Städte Aschersleben, Schönebeck und Staßfurt an dieser Aktion des Gedenkens. In Schönebeck werden am kommenden Montag weitere 16 Steine verlegt. Der Verein Zedakah koordiniert und organisiert den Ablauf. Insgesamt werden dann in der Elbestadt 40 Stolpersteine, versehen mit den Lebensdaten von Menschen, auf das Schicksal jüdischer Mitbürger aufmerksam machen. Im nächsten Jahr sollen noch einmal 15 Stolpersteine folgen.

Unterstützt wird die Aktion vom Gymnasium "Carl Hermann" sowie den Sekundarschulen "Am Lerchenfeld" und "Maxim Gorki". Schüler dieser Bildungsstätten haben für die Finanzierung mehrerer Steine gesammelt. In Schöne- beck sind erstmals 2011 die mit einer Messingplatte beschlagenen Gedenksteine in das Gehwegpflaster eingebracht worden.

Ebenso in Staßfurt. Hier ist das Anliegen Teil des Schulprojektes "Schule gegen Rassismus - Schule mit Courage". Nach 2011 und 2012 gab es in der Bodestadt in diesem Jahr am 26. März eine Stolpersteinverlegung. Die Schüler des Religionskurses der 11. Klasse des Dr.-Frank-Gymnasiums Isabell Amme, Maria Glootz, Tobias Hoffmann, Johanna Kleemann, Toni Matzke, Johannes Puritz, Kilian Scholla und Henriette Stein hatten themenbezogen recherchiert und auch in der Volksstimme Artikel veröffentlicht.

Maßgeblich in die Organisation der jüngsten Verlegung einbezogen war die Stolperstein-Arbeitsgruppe des Gymnasiums mit den Schülern Johanna Reitmeier, Jessica Eichler, Jasmin Müller, Paula Zok, Sophie Lüders, Josefin Kummetz sowie von der Stolperstein-AG der Sekundarschule Am Tierpark die Schüler Juliane Heldmann, Meike Euler und Regina Vahldik.

Zahl der jüdischen Mitbürger war eher gering

Für den 14. Juni dieses Jahres ist die nächste Verlegung fest eingeplant. Dann soll der einstige, Anfang der 1930er Jahre ermordete Staßfurter Bürgermeister Hermann Kasten einen Stolperstein bekommen. Den Hut auf haben dafür das Gymnasium und die Sekundarschule Am Tierpark, Koordinator ist der engagierte Lehrer Michael Reuter.

In Schönebeck will sich der Verein Zedakah (das Wort stammt aus dem Hebräischen und bedeutet Wohltätigkeit) allmählich aus der Organisation der Stolperstein-Verlegungen zurückziehen und die Federführung möglichst einer Schule oder einer aus Schülern mehrerer Schulen bestehenden Gruppe überlassen. Während in Staßfurt allgemein Opfer der Nationalsozialisten mit Stolpersteinen geehrt werden, haben sich die Schönebecker auf ehemalige jüdische Mitbürger beschränkt. Wenn im kommnenden Jahr, wie geplant, noch einmal 15 Stolpersteine verlegt werden, wird - nach heutigem Wissensstand - allen Betroffenen gedacht sein. Denn eine Chronik weist für das Jahr 1880 gerade einmal 96 Personen jüdischen Ursprungs aus. Ob die Aktion über 2014 hinaus auch mit nichtjüdischen Opfern der NS-Zeit fortgesetzt wird, ist derzeit noch offen.

In der Elbestadt setzt sich unter anderem der ehemalige Lehrer Reinhard Banse für diese Art des Gedenkens und Nachdenkens ein. Der heutige Stadtrat hat zum Thema selbst nachgeforscht und mehrere Beiträge verfasst. Er hält rückblickend, aber auch mit Blick auf Gegenwart und Zukunft fest: "Wohl kaum ein anderes als das jüdische Volk hat so viel Missgunst, Leid und Verfolgung ertragen müssen. Unwissenheit und Hass gegen Andersdenkende spielen hierbei nach wie vor eine große Rolle."

Um 1880 gab es in Staßfurt noch 60 jüdische Einwohner, sie wurden dem Synagogenverband Güsten zugewiesen (siehe dazu auch obige Übersicht). Die Zahl der jüdischen Einwohner war auch in den umliegenden Orten gering. In Aken lebten 36, in Barby 46, in Calbe 48 Menschen mit jüdischen Wurzeln (siehe auch unten stehenden Text).