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Plattdeutschgruppe verfasst vier Heftchen in Mundart / lokaler Radiosender fragt an Cochstedter "snacken" was das Zeug hält - "Platt" soll wieder im Radio zu hören sein

Von Franziska Richter 27.12.2011, 05:22

"Mit der Muttermilk einjesoochen", "mit der Muttermilch eingesogen" haben die Sprecher das Plattdeutsch. Eine Gruppe alteingesessener und ehemaliger Cochstedter trifft sich regelmäßig zum "Snacken", um die Mundart zu erhalten.

Cochstedt l "Man ist beruhigt, wenn man mit der tid geht" (mit der Zeit geht). Das könnte das Motto der kleinen Gruppe der Plattsprecher sein, die sich regelmäßig in Cochstedt trifft, um zu "snacken" (zu quatschen) und sich "Jeschichten zu vertelln" (Geschichten zu erzählen), damit ihre Mitglieder immer über das Neuste im Ort informiert sind.

Die Truppe besteht derzeit aus etwa 15 Leuten, die sich vierzehntägig in einer Cochstedter Gaststätte treffen, und ist 1993 als Arbeitsgruppe der Volkshochschule Aschersleben-Staßfurt entstanden.

Wenn zum Bespiel Anneliese Ziegler, Klaus Schönemann, Manfred Scheller und Anita Schröder am Tisch sitzen, kommt das Plattdeutsch von ganz alleine. "Dat Hus an der Ecke", fängt Anneliese Ziegler auf Platt an, wenn es darum geht, dass das Haus an jener Ecke in Cochstedt jetzt wohl verkauft wurde und wer drinnen wohnt. Die anderen steigen sofort in die Mundart ein und ein lockeres Gespräch entsteht. So sei man immer informiert, meint Anneliese Ziegler. Aber gelästert wird nicht, es geht eher darum, den Anschluss nicht zu verlieren.

"Am besten isset bie Muttern, da jifftet wat de futtern"

Das Cochstedter Plattdeutsch ist das südlichste Platt. Die Grenze verlaufe bei Aschersleben und Staßfurt. "Aber es ist auch von Ort zu Ort unterschiedlich. In Ditfurt benutzt man schon wieder andere Wörter", sagt Manfred Scheller. Die meisten Plattsprecher haben das Platt von ihren Eltern übernommen. "Aber man muss eben wissen, mit wem man Platt sprechen kann. Mit manchen spreche ich grundsätzlich platt, mit anderen gar nicht", sagt Anneliese Ziegler.

Das Lesen und Schreiben des Platt ist immer noch eine Herausforderung, erklärt Anita Schröder. Schließlich wird das Schreiben einer Mundart immer improvisiert. "Aber auch das Sprechen ist nicht einfach", sagt Anneliese Ziegler, "wenn man versucht, das seinen Kindern beizubringen, verstehen die einen manchmal gar nicht.". Dennoch freuen sich die Plattsprecher, die größtenteils über 80 sind, jetzt einen jungen Mann in ihren Reihen zu haben. "Der ist noch nicht mal 40 und fand das immer so schön, wenn seine Oma Platt gesprochen hat. Da ist er in unsere Gruppe gekommen". Auch Manfred Scheller hat zuhause nie Platt gesprochen und es erst in der Gruppe gelernt. "Wenn man es oft hört, übernimmt man es irgendwann ganz von allein", sagt er.

"Dat schlechste Raad knarrt am meisten"

Die Plattsprecher hoffen inständig, dass das Cochstedter Platt, das in der Sprachlandschaft des Platt einzigartig ist, nicht ausstirbt. Daher schauen sie stets nach Nachwuchs, der die Mundart erlernen und später an die nächste Generation weitergeben kann.

Der Spaß fehlt auch nicht in der Truppe: Manfred Scheller und Klaus Schönemann werden von den Damen Anita Schröder und Anneliese Ziegler als "junge Bengels" bezeichnet und so frech wie diese "jungen Bengels" sind, können sie auch mal einen gucken lassen: "Wo ist denn der Willy? Der ist im Garten und shitt". Shitt heißt hier schießt.

"En Jesunner hat veele Winsche, en Kranker bloß einen"

Freche Sprichwörter oder Witze übersetzt die Gruppe manchmal vom Deutschen ins Platt. Auch: "Wer sich so optakelt, der hat es mastens nödich" (Wer sich so auftakelt, der hat es meistens nötig).

Neben Sprichwörtern und Witzen werden auch alte Bauernregeln oder Kalendersprüche ins Platt übersetzt. Vier Heftchen zeugen davon. Die hat die Gruppe zusammen mit der Volkshochschule herausgegeben. Die kleinen Werke aus den Jahren 1998, 1999, 2011 und 2007 berichten "Geschichten aus dem Leben", wie Anita Schröder sagt. Die Erzählungen "Dat Naturheilmittel" und "Unse Cochstedt" stammen aus ihrer Feder.

"Jeder kehre vorr siene Deer"

Ebenso halten sie den Kontakt zu anderen Plattsprechern und lesen deren Werke. Die "Jeschichten" haben einige Mitglieder auch einst für das Lokalradio Harz-Börde-Welle gelesen und als eigene kleine Rubrik gesendet. Die Hörer vermissen die ehemalige Sendung und fragen immer wieder beim Lokalradio nach. "Der Sender ist wieder an uns herangetreten", berichtet Anita Schröder. Wenn alles klappt, sind die Cochstedter Plattsprecher also bald wieder im Radio zu hören.

Die muntere Runde trifft sich mit weiteren Mitgliedern am Montag, 9. Januar, um 15 Uhr wieder in der Marktschenke. Sicher gibt es wieder allerhand Neuigkeiten zu berichten. Neue Gesichter sind dabei stets willkommen.