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Das Altmark-Ensemble wurde im Mai 1953 gegründet / Konzert am Sonntag im Musikforum Auch mit 60 klappt alles auswendig

Von Nora Knappe 03.05.2013, 03:21

2013 gibt oder gäbe es in Stendal einige Jubiläen zu feiern. Nicht immer werden sie gefeiert, aber die Volksstimme serviert trotzdem symbolische Glückwunschtorten - in Form dieser Serie. In loser Folge stellen wir Ereignisse, Vereine und Institutionen vor, die in diesem Jahr "ein Rundes" haben. Heute: Das Altmark- Ensemble Stendal.

Stendal l Das wichtigste Lied im Jubiläumskonzert am Sonntag kommt fast zum Schluss. "Aufsteh\'n, aufeinander zugeh\'n" heißt es und hat für die Sängerinnen und Sänger mit ihrem Chorleiter Sebastian Weidenhagen eine ganz besondere Bedeutung. Erinnert es sie doch alle an die Zeit, als man sich finden musste. Vier Jahre ist das her, dass der neue Chorleiter erstmals nicht aus den Reihen des Ensembles gewählt wurde. "Es hat trotzdem gut funktioniert, wir sind aufeinander zugegangen und haben voneinander gelernt", sagt Vereinsvorsitzende Gabriele Stieding. Und deshalb passt genau dieser Titel im Programm so gut.

Der Oebisfelder Sebastian Weidenhagen, der in der Kinder- und Jugendarbeit des Evangelischen Kirchenkreises Salzwedel tätig ist, war damals Mitte 20 und hatte sich dem Landeschorrat als zur Verfügung stehender Chorleiter angeboten. Das Altmark-Ensemble hat sich dann bei ihm als Erstes gemeldet, Weidenhagen war angetan von der Leistung der Sänger: "Ich hatte mir eine DVD angesehen, und mein erster Eindruck war sehr positiv. Das ganz große Plus dieses Chores ist, dass sie alles auswendig singen."

Genau das begeistert auch Gabriele Stieding, die seit 35 Jahren zum Ensemble gehört. "Das Auswendigsingen verleiht uns eine ganz andere Ausstrahlung, und wir kriegen viel mehr vom Chorleiter mit, können besser auf ihn reagieren."

"Junge Mitglieder sind eine Bereicherung."

Vereinsvorsitzende Gabriele Stieding

Sebastian Weidenhagen ist erst der vierte künstlerische Leiter des Altmark-Ensembles, dessen Geschichte im Mai vor 60 Jahren begann (siehe Infokasten). Fritz Johns dirigierte 30 Jahre lang, ihm folgte für 17 Jahre Friedrich Schulze, dann von 2000 bis 2009 Marianne Schütze.

Wie der Dirigent, die rund 40 Sängerinnen und Sänger sowie die fünf Instrumentalisten zusammen wirken, kann man sich an diesem Sonntag ab 16 Uhr im Musikforum Katharinenkirche anschauen und anhören. Die Titel vom Frühbarock bis zur Moderne werden teilweise untermalt von Instrumenten, auch rein instrumentale Stücke sind dabei. Dabei wird auch auffallen, dass die meisten der Mitglieder nicht mehr so jung sind, auch wenn es im Gegensatz zur mit 75 Jahren ältesten Sängerin auch Leute Ende 30 gibt.

Aber die 65 Jahre Altersdurchschnitt müssen aus Sicht des Ensembles nicht bleiben. "Natürlich wäre eine Verjüngung schön", sagt Vereinsvorsitzende Gabriele Stieding und erinnert sich an den einen oder anderen Hochschul-Studenten, die für einige Zeit dabei waren. "Das war eine Bereicherung, das haben wir genossen. Und wenn es dauerhaft jüngere Mitglieder gäbe, wäre vieles umsetzbar, was sich unser Chorleiter musikalisch wünscht."

Der denkt dabei vor allem an die Körperspannung, an das Erreichen und Halten von Tonhöhen. "Altersbedingt fallen solche Dinge eben schwerer, auch wenn wir da schon ein viel besseres Niveau erreicht haben." Nicht stehen bleiben und entwicklungsfähig bleiben - das ist Sebastian Weidenhagens Anspruch an das Altmark-Ensemble.

"Die Chormusik hat einen hohen Stellenwert."

Chorleiter Sebastian Weidenhagen

Dazu gehört für ihn auch der Austausch mit anderen Chören. Einen besonders engen Kontakt gibt es zum Cantamus-Chor in Magdeburg. "Das reicht von gemeinsamen Konzerten und Chorschulungen über Notentausch bis zu gegenseitigen Einladungen zu Auftritten oder Festen", sagt Weidenhagen. Dieses Über-den-Tellerrand-Schauen ist dem 28-Jährigen wichtig. Und kommt beim Ensemble gut an, wie Gabriele Stieding bestätigt: "Er lässt uns in andere Regionen blicken und dadurch mal was ganz anderes kennenlernen und machen. Das ist doch toll." Dass sie seit über drei Jahrzehnten demselben Chor treu ist, hat nicht nur mit ihrer Freude am Singen zu tun, mit dem beflügelnden Gefühl, "ohne technische Hilfe einen richtig schönen Klang zu erzeugen". Und nicht zuletzt sind es auch die vielen persönlichen Freundschaften, die sich innerhalb des Vereins gebildet haben.

Das Altmark-Ensemble ist also auch mit 60 Jahren sehr lebendig, lebhaft und offenherzig. "Unsere Konzerte sind immer voll", sagt Chorleiter Weidenhagen zufrieden, "das zeigt doch, dass Chormusik hierzulande einen hohen Stellenwert hat."