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Schülerverkehr nach neuen Fahrplänen startet mit Problemen und Pannen / Erster Eindruck bei Eltern und Pädagogen: Fahrer fragen nach richtiger Route

Von Egmar Gebert, Anke Hoffmeister, Nico Maß und Sebastian Siebert 02.11.2010, 04:16

Ein gelungener Start eines neuen ÖPNV-Systems sieht anders aus, als der, den gestern viele Schüler, Eltern und Lehrer im Schülerverkehr des Landkreises erlebten. Pünktlich fahrende Busse schienen die Ausnahme gewesen zu sein. Das zumindest ist das Bild, das sich gestern auf Nachfrage bei den meisten Schulen im Landkreis ergab. Hinzu kommt, dass die Busfahrpläne so schlecht kommuniziert wurden, dass Schüler zur falschen Zeit an der Haltestelle standen oder in den falschen Bus einstiegen. Andernorts kamen die Busse erst gar nicht an.

Stendal. Um 7.05 Uhr wollte Lisa Mente gestern Morgen in Schönhausen in den Bus steigen, um zum Privatgymnasium nach Tangermünde zu gelangen. Doch kam kein Bus, und die Achtklässlerin ging ebenso wie andere Schüler gegen 8 Uhr wieder nach Hause.

So wie Lisa ging es gestern vielen Schülern, die Schulen in Tangermünde besuchen. An einigen Haltestellen kam kein Bus an. Busbegleiter, die an den Haltestellen standen, mussten Schüler wieder nach Hause schicken.

Dagegen hat der Schulbusverkehr im Bereich des Altkreises Havelberg ansonsten offensichtlich bis auf kleinere Ausnahmen gut funktioniert, wie eine Umfrage in den Schulen ergab. Lediglich vom Schönhauser Damm kam der Bus verspätet in der Grundschule Schönhausen an. Eine kleine Verspätung hatte es in Ferchels bei der Abfahrt in Richtung Havelberger Gymnasium gegeben. In der Schollener Grundschule kamen Schüler ein bisschen später als geplant an, aber hier zeigt sich Schulleiter Gunnar Berg optimistisch: "Das wird sich einpegeln."

Mit 15 Minuten Verspätung kam die Grundschüler mit dem Bus aus Meßdorf/Büste in Bismark an. Der Unterricht hatte bereits begonnen.

Schüler aus allen Richtungen zu spät

Zwar verspäteten sich auch Busse in Beesewege und Hohenwulsch, kamen aber noch rechtzeitig vor Schulbeginn an der Dobberkauer Grundschule an, da die Busse nach dem neuen Plan sehr früh kommen.

Anders in Lüderitz. Die dortige Grundschule hatte sich auf die geänderten Busankunftszeiten eingestellt: "Wir beginnen seit heute um 7.40 Uhr, also zehn Minuten später mit dem Unterricht", sagte Leiterin der Grundschule, Kathrin Dittmar, gestern. Dennoch kamen die Schüler aus Bellingen, Demker, Hüselitz, Schönwalde, Schernebeck und Stegelitz teilweise erst 7.45 Uhr in der Schule an. Ein Fakt, den die Schulleiterin jedoch nicht überbewertet: "Heute war der erste Tag, morgen sollte es aber funktionieren."

Problemlos verlief der Start in den Schultag an der Tangerhütter Grundschule und an der dortigen Sekundarschule. Nur wer von Tangerhütte nach Tangermünde in die Schule musste, hatte gestern ein Problem. Dieser Bus kam erst gar nicht. Die Schüler wurden vom Begleitpersonal an der Haltestelle nach Hause geschickt.

Und das brachte in Tangermünde das Telefon des Diesterweggymnasiums zum Glühen. "Seit kurz nach sieben klingelt es fast ununterbrochen", sagte Jürgen Meier, stellvertretender Schulleiter.

Bis 8 Uhr habe er selbst an der Haltestelle gestanden und auf die Busse gewartet. Etliche Schüler seien gestern zu Hause geblieben oder noch von Eltern beziehungsweise Großeltern gebracht worden. Ein Mädchen, das etwas abseits von der Verkehrsroute wohnt und seit Jahren vom Schulbus abgeholt wird, sei schlicht und ergreifend vergessen worden.

Ähnliches berichten auch die Leiterin der Tangermünder Sekundarschule, Gisela Ahrends, und Mitarbeiter aus Grundschule und Privatgymnasium. "Aus allen Richtungen kamen die Kinder heute zu spät", sagte Ahrends. In Heeren seien Grundschulkinder einfach stehen gelassen worden. Der Bus kam dort bereits überfüllt aus Richtung Lüderitz an.

Das Durcheinander von gestern morgen wird als "eine ganz große Katastrophe" bezeichnet. Eltern, die sich beim Busunternehmen beschweren wollten, hatten viele Stunden gar keine Gelegenheit dazu. Auch dort glühten folglich die Telefone.

Nicht besser scheint des Systemwechsel im Schülerverkehr in der Osterburger Region gelungen zu sein. Die Kinder aus Bertkow kamen im überfüllten Bus zu spät an ihrer Grundschule in Goldbeck an. Das wurde auch aus Osterburg selbst berichtet. Verspätete Busankünfte auch an der dortigen Grundschule und nicht nur dort. Am Osterburger Gymnasium gab es nach Angaben des stellvertretenden Schulleiters Andreas Schulz teils erhebliche Probleme. Einige Busse seien überfüllt, andere leer gewesen.

Mangelhaft sei auch die Streckenkenntnis einiger Fahrer. So sollen Schüler vom Busfahrer nach der richtigen Route gefragt worden sein. Schüler der Osterburger Sekundarsschule kamen dort zu spät an, weil ihr Bus nicht vor der Schule, sondern am Busbahnhof am anderen Ende der Stadt hielt und sie den Rest des Schulwegs zu Fuß gehen mussten.

Von riesigen Problemen berichtet der Leiter der Flessauer Grundschule Olaf Jaensch, der das auch in der Tatsasche begründet sieht, dass die Schulfahrpläne zum Teil missverständlich waren, die Kinder unter anderem im Bereich Boock/Einwinkel zur falschen, späteren Zeit an der Bushaltestelle warteten.

Andere Kinder hatten augenscheinlich im falschen Bus gesessen, wurden im nächsten Ort wieder herausgelassen und von Eltern zur Schule gebracht. In Bretsch sei eine der Haltestellen im Dorf überhaupt nicht angefahren worden. Scharfe Kritik übt Olaf Jaensch an der Fahrplangestaltung. So müssten Kinder seiner Grundschule mancherorts jetzt bereits 6.45 Uhr aufbrechen, während der Unterricht erst um 7.45 Uhr beginnt. Der Ärger sei sehr groß, beschrieb er die gestrige Situation.

Heute soll es weniger Probleme geben

Damit umzugehen, ist jetzt auch Aufgabe des Schulverwaltungsamtes. Dessen Leiterin Dr. Ulrike Bergmann nahm gestern am frühen Nachmittag Stellung: "Wir haben alle Probleme aufgenommen und gegen Mittag das erste auswertende Gespräch mit Stendalbus geführt. Einiges ist geklärt, erste Missverständnisse sind ausgeräumt. Wir haben darüber hinaus festgelegt, wer sich um welches Problem kümmert und arbeiten diese Liste jetzt ab. Es wäre vermessen, davon auszugehen, dass morgen alles hundertprozentig klappt. Das muss sich einspielen, und dafür ist ein Tag sicher zu wenig. Ziel ist, dass es morgen deutlich weniger Reibungspunkte gibt, als heute."

Das unterstrich am späten Nachmittag auch Landrat Jörg Hellmuth nach einer Gesprächsrunde mit den Verantwortlichen: "Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Mängel abzustellen. Aber wir müssen auch realistisch sagen, dass es noch ein paar Tage dauern wird, bis alles rund läuft." Nachzubessern sei bei den teils falsch eingeschätzten Fahrzeiten.