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Burmeister-Affäre ist ein Beispiel im Sparkassen-Report "Dreckige Saubermänner" in der aktuellen Ausgabe des Politik-Magazins Cicero "Geschickt unter den Teppich gekehrt"

07.08.2014, 01:14

Stendal/Berlin l "Die Bösen waren bisher immer die anderen. Jetzt häufen sich aber auch unter dem Dach der Sparkassen Exzesse, Skandale und Affären, die ihr Geschäftsmodell gefährden könnten" - so beginnt in der aktuellen Ausgabe des Politik-Magazins Cicero der Artikel "Dreckige Saubermänner".

Autorin Meike Schreiber blickt dabei auf jüngste Sparkassen-Affären. Eines ihrer fünf Beispiele ist der Skandal um Ex-Sparkassenchef Dieter Burmeister. "In Stendal in Sachsen-Anhalt pflegte der örtliche Sparkassenchef jahrelang und unter den Augen der Lokalpolitik seine Vorliebe für Autos. Mit skurrilen Folgen. Irgendwann war das Mini-Institut im Besitz von 40 Dienstfahrzeugen, darunter ein Oldtimer. Schließlich wurde der Vorstandschef, der zudem noch einen üppigen Weinkeller angelegt hatte, fristlos entlassen. Dagegen klagt er nun", fasst die Finanzjournalistin die Situation zusammen.

Sie ist für Schreiber ein Beispiel, wie zunehmend Skandale "die scheinbar heile Welt der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute" erschüttern. An der Spitze steht hier die Sparkasse im bayerischen Miesbach. Dort hübschte das örtliche Kreditinstitut dem Landrat für fast 300000 Euro das Büro auf, schmiss zu dessen 60. Geburtstag eine 100000 Euro teure Party und hatte jahrelang die Schatulle für Reisen örtlicher Honoratioren geöffnet. Der neue Sparkassen-Chef räumt jetzt auf und stellte den Prüfbericht des Innenministeriums sogar ins Internet. Ein nahezu einmaliger Vorgang.

"Transparenz ist in der Welt der Sparkassen bisher eher unüblich", konstatiert die langjährige Redakteurin der vor einem Jahr eingestellten Financial Times Deutschland. "Eigene Exzesse, Skandale und Affären haben die Sparkassen bisher geschickt unter den Teppich gekehrt", heißt es in dem vom ehemaligen "Welt"-Chefredakteur Wolfram Weimer gegründeten und herausgegebenen "Magazin für politische Kultur", das sich als innovative Stimme in der Berliner Republik versteht und mit renommierten Autoren aufwarten kann.

Meike Schreiber berichtet seit Jahren über den Sparkassensektor und beobachtet "in letzter Zeit eine zunehmende Wagenburgmentalität". Sie verweist auf riskante Kreditgeschäfte, die die Sparkasse Flensburg an den Rand des Ruins getrieben hatte, überhöhte Pensionen bei der Sparkasse Duisburg oder eigenmächtige Spendenvergaben des Sparkassen-Verwaltungsratsvorsitzenden im baden-württembergischen Görwihl.

Die Sparkassen-Expertin sieht neben der "Verquickung von Sparkassen und Lokalpolitik" in der fehlenden externen Kontrolle eine weitere Ursache für das Problem: "Externe Wirtschaftsprüfer sucht man bei den Sparkassen zumeist vergeblich, den Bilanzcheck übernehmen Prüfer des regionalen Sparkassenverbandes. Formal sind diese Prüfer zwar unabhängig, die mächtigen Präsidenten des Verbands aber werden wiederum von den Sparkassenvorständen auf ihre gut dotierten Posten gewählt."

So weist der Exzess in Miesbach durchaus einige Parallelen zu Stendal auf. Die beanstandeten Summen tauchten auch hier nicht im Prüfbericht der Sparkasse auf. Schreibers Recherchen führten ins Leere. "Der bayerische Sparkassenverband möchte sich dazu nicht äußern." Nahezu gleichlautend antwortete bislang der Ostdeutsche Sparkassenverband auf die Anfragen der Volksstimme.