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Bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking besucht Gemeinschaftsunterkunft Landsleute bedeuten einen Anker

Von Thomas Pusch 28.04.2015, 03:22

Mit bis zu 1000 Flüchtlingen rechnet der Landkreis Stendal für dieses Jahr. Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking (Bündnis 90/Die Grünen) war gestern zu einem Informationsgespräch in der Gemeinschaftsunterkunft.

Stendal l Es war sicherlich ein Zufall, am gestrigen Montag, als die Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking (Bündnis 90/Die Grünen) die Gemeinschaftsunterkunft am Möringer Weg besuchte, flatterten dem Einrichtungsleiter Jochen Heindorff die voraussichtlichen Asylbewerberzahlen für den kommenden Monat auf den Tisch. Mit 47 rechnet die Zentrale Aufnahmestelle in Halberstadt. In den vergangenen Monaten waren es stets mehr als 50 Flüchtlinge, die nach Stendal geschickt wurden. "Und auch diesmal ist es nur eine voraussichtliche Zahl, das kann sich noch ändern", sagte der Zweite Beigeordnete Sebastian Stoll (CDU).

Stadtsee ist beliebter Wohnort

Der Landkreis wiederum melde wöchentlich seine aktuellen Zahlen an das Landesverwaltungsamt. "Durch die zahlreichen Anfragen von regionalen und überregionalen Medien haben wir sowieso immer einen sehr guten Überblick", sagte Stoll. Derzeit sind 650 Flüchtlinge im Landkreis, der überwiegende Teil wohnt in der Gemeinschaftsunterkunft. Es sind allerdings auch Asylbewerber in 71 Wohnungen untergebracht, 13 davon wurden vom Landkreis angemietet.

Dorothea Frederking hatte um diesen Termin gebeten, da die Zuwanderung eine immer größere Bedeutung bekommen werde. "Jeder, der hierherkommen möchte, sollte auch hier bleiben dürfen", sagte sie. Das ist auch die Linie ihrer Partei. Frederking rechnet mit steigenden Flüchtlingszahlen in den kommenden Jahren, allein schon durch den Klimawandel. "Da sind Millionen Menschen in der Welt unterwegs", sagte sie.

Als Problematik sehe sie, anders als die Bundesregierung, allerdings nicht die Schlepperbanden, sondern die Fluchtgründe. Um Menschen in Deutschland vernünftig integrieren zu können, sollten sie vom ersten Tag an einen Sprachkurs bekommen. Für Asylbewerber gibt es derzeit keine offiziellen Angebote in dieser Richtung. Hilfe beim Deutschlernen gibt es beispielsweise in der Teestube Maranata und im Club Amicus.

Frederking wünscht sich außerdem, dass die Flüchtlinge dezentral, also nicht in einer separaten Einrichtung, sondern verteilt auf mehrere Standorte, untergebracht werden. Das ist mit der Unterkunft und den Wohnungen - vorrangig in Stadtsee - schon so geregelt, allerdings plädierte sie dafür, auch in andere Städte zu schauen. Seehausens Bürgermeister Robert Reck (SPD) habe jüngst Werbung für seine Stadt gemacht. Es gebe ausreichend Kindertagesstätten-Plätze und auch freie Wohnungen. In Stendal werden die Kindereinrichtungen mit Containerbauten erweitert, weil der Landkreis den Kindern keine weiten Wege zumuten möchte.

"Es gibt einige wenige, die außerhalb von Stendal wohnen, aber der Trend ist das nicht", sagte Stoll. Heindorff sprach von zwei Familien, die in den ländlichen Raum gezogen seien. "Der Trend geht nach Stadtsee", stellte Stoll fest. Es seien eben kurze Wege zu Geschäften, Ämtern oder Ärzten. Auch die Nähe zu Landsleuten bedeute einen Anker für die Flüchtlinge. Es sei eben fraglich, ob sich eine syrische Familie dazu entscheiden würde, nach Seehausen zu ziehen, um dann dort die einzige syrische Familie zu sein. "Auch die zahlreichen Hilfsangebote sind in Stendal, das hat sich in den vergangenen Jahren so herauskristallisiert", nannte Stoll ein weiteres Argument für die Kreisstadt. Es gehe eben um selbstbestimmte Wohnraumwahl.

Mehr Angebote außerhalb Stendals

Diesen Gedanken griff Marion Zosel-Mohr von der Bürgerinitiative Stendal auf. "Wir sollten nicht davon ausgehen, was wir denken, sondern die Menschen fragen, was sie wollen", forderte sie. Es sei wichtig, dass Hilfe wirkt. Doch Frederkings Idee verhallte nicht ungehört. Durchaus sollen den Asylbewerbern demnächst auch vermehrt Wohnungsangebote außerhalb von Stendal unterbreitet werden. "Und dann warten wir ab, wie sie sich entscheiden und lernen daraus", schlug Stoll vor.