Illegale Müllentsorgung Das Sofa im Wald

Von Egmar Gebert 02.07.2015, 03:07

Stendal l Es ist ein freundlicher Morgen, der Manfred Dohme an seinem Schreibtisch in der Abfallannahme und Umladestation an der Osterburger Straße begrüßt. Das Wetter top, den Fahrplan für den Tag schon geschrieben... Doch mit dem ersten Klingeln des Telefons ist der wieder durcheinander.

Im Wald zwischen Borstel und Groß Schwechten liegt Müll. "Mal wieder", kommentiert Betriebsleiter Dohme. "Das machen wir gleich, bevor noch mehr dazu kommt", ist seine nächste Überlegung. 40 Minuten später rollt der Pritschenwagen, mit dem René Rieting auf "Müllsammeltour" war, über die Waage. Zwei alte Autoreifen samt Felgen, zwei voll Müll gestopfte Plastesäcke, ein Waschbecken - alles in allem 60 Kilo, die jetzt dort landen, wo sie hingehören.

So viel Dreistigkeit ärgert Manfred Dohme. "Für alles, was an Müll im Haushalt anfällt, bis hin zu Bauschutt oder Asbest, gibt es Entsorgungsmöglichkeiten. Das ist gesetzlich geregelt und diese Regel gilt auch im Landkreis Stendal." Nicht ein einziges Stück Müll muss die Landschaft verunzieren. Dohme empfiehlt im Gegenzug einen, vielleicht auch zwei Blicke in den Abfallkalender. Kein Buch mit sieben Siegeln, sondern eine überschaubare, logisch aufgebaute und allgemeinverständliche Broschüre, nach deren Lektüre man nur zu einem Schluss kommen kann: Was nicht mit den regelmäßigen Entsorgungstouren erfasst ist, wird auf Anforderung der Bürger abgeholt oder kann selbst angeliefert werden.

Ein Autoreifen inklusive Felge für 2,50 Euro

Die beiden Autoreifen zum Beispiel: Das Stück zu 2,50 Euro inklusive Felge, wäre der Müllsünder sie hier in der Abfallannahme losgeworden. Noch unverständlicher wird die Unsitte der wilden Müll- entsorgung für Manfred Dohme, wenn seine Mitarbeiter Dinge aus der Natur sammeln müssen, die jedermann kostenfrei los werden würde. Das alte Sofa zum Beispiel oder der ausgediente Kühlschrank, rostige Zaunfelder oder anderer Schrott. Der Aufwand, das in die Stendaler Abfallannahme beziehungsweise auf einen der Recyclinghöfe in Osterburg, Seehausen, Tangermünde, Tangerhütte, Bismark oder Sandau zu bringen, wäre ungleich geringer als der mit der "Tour" in den Wald verbundene, plus der Suche nach einer Stelle, an der man sich unbeobachtet fühlt, plus die Ungewissheit im Nacken, ob man nicht vielleicht doch noch erwischt wird.

Einmal ganz abgesehen davon, dass dieses Verschandeln der Landschaft letztendlich von allen Müllgebührenpflichtigen, also jedem Haushalt im Landkreis, mitbezahlt wird. Ein teurer Spaß. In dem Moment, wenn das Fahrzeug an der Osterburger Straße vom Hof rollt, um den illegal abgekippten Müll aus den Wäldern zu holen, von Feldrändern zu sammeln, aus Gräben zu fischen - alles "beliebte" Stellen -, fängt es an zu kosten. Madlen Gose, Geschäftsführerin der ALS Dienstleistungsgesellschaft, zu der die Abfallannahme in der Osterburger Straße gehört, kann mit beeindruckenden Zahlen dienen: "Im Jahr 2012 hat uns das 95100 Euro gekostet, 2013 waren es 89000 Euro und im vergangenen Jahr war die Summe genauso hoch. Im Durchschnitt sind das pro Jahr also rund 90000 Euro, die komplett in die Gebühren gehen. Das bezahlen wir also alle mit, und das muss doch nicht sein."

Madlen Goses letzter Satz klingt fast schon wie ein Appell an die Vernunft. Ob er fruchtet? Skepsis scheint angesichts weiterer Zahlen, die Manfred Dohme zu bieten hat, angebracht: "Pro Jahr sind es zwischen 150 bis 300 Tonnen Müll, die wir aus dem Wald holen. In diesem Jahr denke ich, werden es eher 300 Tonnen, denn die 150 Tonnen hatten wir schon Ende Juni voll."

Wer erwischt wird, zahlt bis zu 2500 Euro

Ein "normaler" Lkw, ein Drei-Achs-Sattelauflieger zum Beispiel, wird mit einer Nutzlast von 24 Tonnen angegeben. Das Volumen des Mülls einmal außer acht gelassen, wäre jeden Monat einer dieser Laster randvoll mit illegal entsorgtem Müll aus dem Landkreis Stendal. Da ist verständlich, dass der Landkreis, weil Überzeugungsarbeit allein nicht genügt, sich auch Sanktionen vorbehält. Etwas weniger amtsdeutsch ausgedrückt: Wer erwischt wird, zahlt. Bis zu 2500 Euro kann es kosten, seinen Müll in den Wald oder an andere dafür nicht vorgesehene Stellen zu schmeißen.