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Interview mit Erich Wasserthal, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Sülzetal, zum Jahresende Absoluter Tiefpunkt ist Anzeige des Bundes der Steuerzahler

28.12.2010, 04:27

Das Jahr 2010 ist fast herum. In der Gemeinde Sülzetal ging es bis kurz vor Weihnachten turbulent zu. Volksstimme-Redakteurin Yvonne Heyer ließ in einem Interview das Jahr 2010 gemeinsam mit Erich Wasserthal noch einmal Revue passieren.

Volksstimme: Mit 2010 liegt ein turbulentes Jahr hinter der Gemeinde. Dennoch ging es nur langsam voran. Sind die Turbulenzen Schuld?

Erich Wasserthal: Ja! Für Turbulenzen sorgte vor allem, dass der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung nicht immer gemeinsam zielführend an zahlreichen Projekten arbeiteten. Ich glaube, dass der Prozess der Selbstfindung der Ratsmitglieder noch einige Zeit andauern wird. Die Verwaltung kann immer nur so gut agieren, mich als gewählter aber hauptamtlicher Bürgermeister eingeschlossen, wie die Zielvorgaben des Rates sind. Unsere Hinweise zu gesetzlich fixierten Vorgehensweisen, Prozessen, Richtlinien und Weisungen wurden zu oft und meist zu schnell vom Tisch gewischt, manchmal auch wider besseren Wissens. Für zusätzliche Aufregung sorgten meine krankheitsbedingten Ausfälle am Jahresanfang, mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden gegen mich, eine haltlose und für die Gemeinde sehr schädigende Anzeige des Steuerzahlerbundes sowie eine kritisch zu betrachtende Haushaltslage.

Volksstimme: Was war für Sie der Tiefpunkt des Jahres?

Erich Wasserthal: Die Anzeige eben des Steuerzahlerbundes gegen mich.

Volksstimme: Der Höhepunkt des Jahres?

Erich Wasserthal: Für mich persönlich: das Entlastungsschreiben der Staatsanwaltschaft und die aufopferungsvolle Hilfe meiner Familie und meiner Freunde in dieser für mich schweren Zeit! Und letztendlich die Absicherung der Schulfördermittel für die Gemeinde.

Volksstimme: Was muss 2011 anders und besser werden?

Erich Wasserthal: Ich wünsche mir eine engere Zusammenarbeit von Exekutive und Legislative bei der Umsetzung der beschlossenen Projekte, insbesondere der Haushaltssanierung und der Umsetzung der Beschlüsse zur Sanierung der Grundschulen. Wir müssen mehr Wert auf unvoreingenommene, faire Streitkultur legen, bei Mehrheitsverhältnissen diese auch akzeptieren und bei Ablehnung durch Ratsmitglied oder Ortschaft kluge Entscheidungen im Interesse der Gemeinde mittragen. Ich wünsche mir ebenso für das kommende Jahr, einen vielfach aktiveren Gemeinderat, regelmäßige Gemeinderatssitzungen, eine intensivere Ausschussarbeit und eine weiterhin so aktive Mitarbeit der Bevölkerung an der Lösung unserer ureigensten Aufgaben.

Volksstimme: Wie schätzen Sie die Arbeit des Gemeinderates ein? Müsste nicht mehr Einigkeit erzielt werden?

Erich Wasserthal: Wie schon gesagt, Einigkeit kann nicht verordnet oder erzwungen werden. Sie kann nur in gemeinsamer Sacharbeit gemeinsam gewonnen werden. Dass dabei nicht jeder immer und an jeder Stelle Recht bekommen kann, muss einsehbar dargestellt werden. Es allen Recht zu machen, geht nun mal nicht und Wünsche haben wir alle, auch die Osterweddinger. Aber auch in unserer Gemeinde ist es wie in der Familie. Wir haben erst den Kredit – die Schulden – abzuzahlen und dann können wir über neue Dinge nachdenken.

Volksstimme: Sie haben die Arbeitsgruppe des Landkreises ins Haus geholt. Die Kritik an der Arbeit dieser Arbeitsgruppe nimmt zu, sogar von Boykott ist die Rede. Wie sehen Sie das?

Erich Wasserthal: Schauen Sie, die Landkreisverwaltung hat uns viele wichtige Erkenntnisse im Verlauf der Arbeitsgruppentätigkeit vermittelt. Ich bin dafür sehr dankbar. Wir schweben doch mit unserer kommunalen Selbstbestimmung und Selbstverwaltung auch nicht im luftleeren Raum. Wir sind an Gesetz und Recht und Ordnung gebunden und können wirklich nicht so agieren, wie wir es gern hätten. Abgesehen davon, gibt uns keine Bank Geld oder Kredite für Dinge, die nicht handfest abgesichert sind, schon gar nicht für freiwillige Aufgaben. Unser Kontrollorgan ist nun mal der Landkreistag und die Landkreisverwaltung und von dort kommen, Arbeitsgruppe hin oder her, nun mal Auflagen bei Nichterfüllung von kommunalen Pflichtaufgaben.

Volksstimme: Wie gehen Sie persönlich damit um, dass es Stimmen gibt, die da meinen, sie wären nicht mehr tragbar?

Erich Wasserthal: Ich glaube zu wissen, woher diese Stimmen kommen. Ich habe von meinen Wählern einen klaren Auftrag bekommen und den werde ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Ich stütze mich dabei auf eine Mannschaft, die zuverlässig und mit großem Einsatz an der Erfüllung der Aufgaben arbeitet. Und im Übrigen, auch Angela Merkel wäre schon zigmal abgewählt, ginge es nach den Stimmen ihrer politischen Widersacher. Wer im Rampenlicht steht, bekommt oft schlechte Noten. Und mit "Basta" geht es auch nicht immer.

Volksstimme: Wie ist es um Ihre Gesundheit bestellt? Fühlen Sie sich in der Lage, die schwierigen Aufgaben, die vor der Gemeinde liegen, zu erfüllen?

Erich Wasserthal: Sagen wir mal, ich bin auf dem Wege der Besserung. Natürlich muss ich mich weiter bemühen, mich wieder fit zu machen. Auf jeden Fall fühle ich mich den steigenden Anforderungen gewachsen. Natürlich sind die Aufgaben von mir allein nicht zu bewältigen, daran arbeiten fleißige Menschen in unserer Verwaltung mit Akribie und Sachverstand tagtäglich mit. Ich kann nur den Rahmen setzen und die Beschlüsse des Gemeinderates versuchen nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen. Auf jeden Fall werde ich immer für unser Gemeinwesen da sein, wünsche mir aber eine konstruktive, gute Zusammenarbeit, unabhängig von der Partei, sozialen Schichtung oder persönlichen Haltung gegen oder für bestimmte Personen. Ich selbst werde mich um noch mehr Objektivität bemühen und hoffe, dass auch meine politischen Gegenspieler dies fair, anständig und deutlich tun.

Volksstimme: Was möchten Sie in diesen Tagen nochmal schnell loswerden?

Erich Wasserthal: Ich grüße die Mitarbeiter des Betriebshofes Sülzetal und möchte ihnen für ihren unermüdlichen Einsatz seit dem Heiligen Abend danken. Sie haben für die Passierbarkeit der Straßen gesorgt.

Herr Wasserthal, die Volksstimme bedankt sich für das Gespräch.