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Weihnachtsfeier der Oschersleber Tafel / Besucherin Barbara Bolou : "Wenn doch die Menschen etwas optimistischer wären!"

Von Josephine Schlüer 18.12.2010, 04:59

Weihnachtliche Klänge, leckere Erbsensuppe und ein gut gelaunter Weihnachtsmann mit Säcken voller Geschenke, das alles erwartete die Besucher der Tafel in Oschersleben zur alljährlichen Weihnachtsfeier. Etwa 70 kleine und große Gäste saßen in geselliger Runde beisammen und tauschten ihre Erfahrungen in den Räumen des DRKGebäudes in der Magdeburger Straße aus.

Oschersleben. " Hartz IV ist keine Schande, es hilft oft ein bisschen ", sagte Barbara Bolou auf der Weihnachtsfeier der Oschersleber Tafel im Volksstimme-Gespräch. Die 65-Jährige ist Rentnerin, doch das Geld reicht nicht aus. So ist sie auf die Unterstützung angewiesen.

Und damit steht die Oschersleberin nicht allein. " Viele Menschen, die bei der Tafel registriert sind, haben ihr Leben lang gearbeitet und müssen trotzdem Hartz IV beantragen, weil die Rente zu knapp ist ", weiß Eva Zimmermann, die Leiterin des DRK-Familienzentrums in Oschersleben. Etwa 70 Frauen und Männer von den insgesamt mehr als 3000 Menschen, davon 1000 Kinder, die über die Tafel mit Lebensmitteln versorgt werden, begingen gemeinsam die Weihnachtsfeier. Im Flur und in den Räumen des DRK-Gebäudes in der Magdeburger Straße waren Bänke und liebevoll dekorierte Tische aufgestellt.

Für das gemeinsame Mittagessen kochte Jörg Duwald aus Eggenstedt eine herzhafte Erbsensuppe, die sich die Kinder, Frauen und Männer schmecken ließen.

Für eine musikalische Einlage sorgte das Ehepaar Vinogradskiy, das Weihnachtslieder wie " Leise rieselt der Schnee " zum besten gab. " Das ist so schön, ich könnte die ganze Zeit dazu tanzen ", zeigte sich Barbara Bolou begeistert und bewegte sich in ihrem rosa Strickkleid zu den Klängen des Akkordeons und der Balalaika-ähnlichen Domra.

Anschließend kamen vor allem die Kinder auf ihre Kosten. Seit dem Mittag hatten sie auf das Klopfen des Weihnachtsmannes gewartet, der dann endlich mit Säcken voller Geschenke in den Flur eintrat, auf dem sich die Feiergäste dicht drängten. Nacheinander rief er die Familiennamen auf und verteilte die Präsente. Etwas enttäuscht zeigte sich die fünfjährige Angelina und fragte den Bärtigen im roten Mantel, warum sie jedes Mal Kleidung bekommt, wo sie sich doch so sehr eine Gitarre gewünscht hatte. " Es ist tatsächlich so, dass wir bei der Auswahl der Geschenke vor allem darauf achten, was die Familien gebrauchen können. Wir verwenden dafür Sachspenden, die wir das gesamte Jahr über sammeln. Darunter sind meistens Kleidungsstücke ", erklärt die Leiterin des Familienzentrums. " Vielleicht bekommst du am heiligen Abend ja eine Gitarre ", vertröstete Knecht Ruprecht das blonde Mädchen.

Weniger anspruchsvoll zeigte sich Barbara Bolou. " Ich brauche nicht viel. Ich habe kein Auto und auf meinem Grundstück baue ich selbst Gemüse an ", sagte die ehemalige Erzieherin stolz. Sie achte darauf, nie über ihre Verhältnisse zu leben und sich vor allem selbst zu helfen. " Jammern gibt es bei mir nicht. Ich wäre froh, wenn die Menschen etwas optimistischer wären ", ist die Meinung der Oschersleberin.

Ein Lied von dem Leben mit wenig Geld kann auch das Musiker-Ehepaar Vinogradskiy singen. Ala und ihr Ehemann Gennadiy sind Akademiker, haben in Weißrussland Musik studiert und sprechen sehr gut deutsch. " Seit neun Jahren leben wir hier, doch arbeitslos wollten wir nicht sein ", sagte der talentierte Akkordeonspieler, kurz bevor er mit Ala ein weiteres Mal für die Gäste musizierte. Auch CDU-Landtagsabgeordnete Gabriele Brakebusch befand sich unter den Gästen und sicherte dem Ehepaar Hilfe zu. Trotz einiger Rückschläge, die viele der Gäste in ihrem Leben haben hinnehmen müssen, so zeigten sie doch auch Freude am Feiern, so dass die Veranstaltung ein voller Erfolg wurde.

Für all diejenigen, die es wegen des vielen Schnees nicht zur Weihnachtsfeier geschafft haben, werden die Geschenke in der Suppenküche aufbewahrt.