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"Erinnerungen aus Wernigerode": Otmar Groß auf den Spuren vergessener Unternehmen Trockenshampoo ist eine Harzer Erfindung

Von Ivonne Sielaff 29.01.2013, 02:22

Auf die Spur von längst vergessenen Wernigeröder Unternehmen hat sich Otmar Groß begeben. Seine Forschungsergebnisse, viele historische Fotos und Dokumente hat der 46-Jährige in seinem Buch "Erinnerungen aus Wernigerode" veröffentlicht.

Wernigerode l Alte Postkarten, historische Fotos, Geschäftsanzeigen von früher - wenn immer es seine Zeit erlaubt, vertieft sich Otmar Groß in Wernigerodes Vergangenheit. Das war von klein auf so, sagt der 46-Jährige, der heute in Danstedt wohnt. "Mein Vater war Diplom-Geologe und nahm mich oft auf Vorträge mit." Dabei kam der Junge mit älteren Wernigerödern ins Gespräch. "Sie erzählten mir Geschichten von damals. Das hat mich fasziniert und nie losgelassen."

Diese Leidenschaft möchte Otmar Groß teilen. Vor vier Jahren entstand seine Internetseite "Wernigerode einst und jetzt". Vor kurzem hat der Hobby-Heimatforscher das Buch "Erinnerungen aus Wernigerode" herausgebracht, lässt darin Betriebe, alte Patente und Anekdoten aus der Geschichte der Stadt aufleben. Monatelang hat er dafür im Harzmuseum gesessen, historische Bücher gewälzt und sogar im Grundbuchamt recherchiert, um die Geschichte der Unternehmen zu erforschen. "Das war mühevolle Kleinarbeit. Es war nicht immer leicht, brauchbare Informationen zu finden", erinnert sich Groß. "Ich hatte zum Teil nur Puzzleteile, die sich erst nach und nach zusammenfügten."

Kapitel für Kapitel beschreibt Groß in seinem Buch den Aufstieg, die Entwicklung und oft auch den Untergang von Betrieben und Gaststätten. Einige der 23 vorgestellten Unternehmen gibt es noch, andere wiederum sind längst in Vergessenheit geraten.

Puffreis als Ersatz für Kartoffeln und Nudeln

Wer weiß zum Beispiel heute noch, dass das Patent für eine Trocken-Haarpflege aus Wernigerode stammt? Genauer gesagt aus Hasserode. In der einstigen Amtsfeldstraße 26 (heute Sandbrink 14) entwickelte die damals 25-jährige Elisabeth Schuhmann im Jahr 1908 dieses besondere Puder, das sie zuerst nur in kleinen Mengen vertrieb. Als sie den Kosmetiker Otto Schaller heiratete, begann der Erfolg der Erfindung, die später als "Curelljo" sogar über die Grenzen Deutschlands exportiert wurde.

Ältere Wernigeröder erinnern sich sicher noch an das "Reiswunderwerk" - ebenfalls in Hasserode. Am Eichberg, dort wo zuerst Papier und später Filztücher hergestellt wurden, eröffnete Otto Bertram 1938 eine Nährmittelfabrik. Dort begann 1939 die Produktion des Belotin-Pulvers, das aus Esskastanien und Eicheln gewonnen wurde.

Das Pulver wurde in den Kriegs- und Nachkriegsjahren als Behelfserzeugnis zur Herstellung von Suppen und Kuchen sowie als Kakao- und Kaffeeersatz verwendet. Ihren wohl größten Erfolg hatte die Firma mit der Produktion von Puffreis, der in den 1950er-Jahren vielfältig eingesetzt wurde - nicht nur als Süßspeise und Naschwerk, sondern auch als Ersatz von Nudeln und Kartoffeln bei Fleischgerichten.

Das traurige Ende des einstigen Stadtgartens haben auch die jüngeren Wernigeröder miterlebt. Dieser wurde bereits 1876 als Kulturhaus mit großem Theatersaal, einer Badeanstalt sowie zwei Kegelbahnen eröffnet. Das Aussehen des Kurhauses veränderte sich im Laufe der Jahre, der Vorplatz wurde in einen ansprechenden Sommergarten verwandelt. 1947 öffnete auf dem Gelände sogar ein Kino mit dem Namen "Capitol-Lichtspiele" seine Pforten.

"Capitol" erst abgebrannt und dann abgerissen

In den 1990er-Jahren begann der Niedergang des einst so beliebten Etablissements. Das Kino musste geschlossen werden, weil die Heizung defekt war. Danach fiel es Randalierern zum Opfer und brannte 1997 restlos aus. Der Stadtgarten wurde nach seiner Renovierung Anfang der 1990er noch einmal wiedereröffnet - als Erlebnis-gastronomie mit Diskothek, Billardcafé, Restaurant, später mit Sauna, Fitnesscenter und Spielhallen. 2003 wurde das Haus geschlossen, ein Jahr später abgerissen.

Nur drei Episoden aus dem Buch von Otmar Groß. Ergänzt werden seine detaillierten Beschreibungen mit unzähligen Fotos, Bildern, Anzeigen und vielem mehr. "Es wäre einfach zu schade, wenn all das in Vergessenheit gerät", sagt Groß, der schon wieder neue Geschichten im Kopf hat. "Irgendwann werde ich alles aufschreiben", verspricht er. "Wenn ich die Zeit dafür finde."