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Wanderwege werden von Landwirten umgepflügt: BUND-Kreisgruppe will Strafantrag stellen "Gültige Gesetze werden verletzt und sogar Eigentumsfragen missachtet"

Von Jörg Endries 30.12.2011, 05:19

Ein wichtiges touristisches Netzwerk, die Wanderwege in der Harzregion, sind bedroht. Einige der beliebten Routen sind zwar noch auf Wanderkarten verzeichnet, in der Realität existieren sie jedoch nicht mehr. Landwirte haben sie unter ihre Pflugscharen genommen.

Halberstadt l Jetzt wird es ernst. Ulrich Kasten von der BUND-Kreisgruppe hat die Nase voll. Er will eine Anzeige auf den Weg bringen. Warum? Wichtige Wanderwege verschwinden von heute auf morgen in der Region Halberstadt unter den Pflügen von Landwirten, ebenso wie gesetzlich festgeschriebene Schonflächen an Fließgewässern. Zu denen müsse laut Landeswassergesetz ein Schonstreifen von insgesamt sechs Meter Breite eingehalten werden. Unter anderem damit die Unterhaltungsverbände ihren Pflichten nachkommen können.

Die Wasserschau im Frühjahr habe genügend Hinweise erbracht, dass sich einige Landwirte nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten würden. Für den Umweltschützer ist das mittlerweile kein Kavaliersdelikt mehr. "Hier werden gültige Gesetze verletzt und sogar Eigentumsfragen missachtet", kritisiert der Halberstädter. Einige Landwirte versuchen jede Fläche unter den Pflug zu nehmen, die sie bekommen können. Schuld daran sei unter anderem die großzügige Förderung der EU, von der die Bauern pro Hektar genutzter Ackerfläche mehrere hundert Euro erhalten würden, so Kasten.

"Hier missachten Bauern nicht nur Gesetze zum Gewässerschutz, sondern wirtschaften auf fremdem Land ..."

Beispiele für das rücksichtslose Vorgehen gebe es im näheren Umfeld von Halberstadt genug, so Ulrich Kasten. So unter anderem zwischen dem Huy und Ströbeck, wo mehrere Zuflüsse zum Assebach und der Assebach selbst bis in die Hanglagen gepflügt wurden. Zwar würden gerade die Zuflüsse zum großen Teil des Jahres trocken liegen, jedoch bei Hochwasserlagen erfüllen sie wichtige Funktionen. "Sind sie dazu aufgrund der Eingriffe nicht mehr in der Lage, muss man sich nicht wundern, wenn nach Wolkenbrüchen der Acker in den Dörfern landet", gibt Kasten zu bedenken.

Ein weiterer Fall ist der Goldbach bei Halberstadt, der Bestandteil eines Biotopverbundes ist und im Landesentwicklungsplan stünde. Dort sei der eigentlich sechs Meter breite Schonstreifen teilweise bereits bis auf einen Meter geschrumpft. Im Abschnitt zwischen Lützowstraße und Kuckucksweg ist mit der Pflugschar der Wanderweg bereits "angekratzt" worden, am Winterberg ist er bereits verschwunden. Die dafür verantwortlichen Landwirte würden dort Flächen in Besitz nehmen, die ihnen noch nicht einmal gehören. Entlang des Goldbaches gebe es zwischen Halberstadt und Langenstein Flächen, die der Stadt Halberstadt gehören oder die sie verwaltet, die zwischen 12 und 48 Meter breit seien. "Hier missachten Bauern nicht nur Gesetze zum Gewässerschutz, sondern wirtschaften auf fremdem Land und ich vermute, dass sie die Stadt nicht gefragt haben, ob sie das dürfen", sagt Ulrich Kasten.

Eigentlich müsste die Stadt Halberstadt Strafantrag gegen die Verursacher stellen, so der BUND-Mann. Die Rolle will nun der BUND-Kreisverband übernehmen. "Wir stellen Strafantrag wegen Verstoß gegen den Landesentwicklungsplan, gegen das Feld- und Flurordnungsgesetz und gegen das Naturschutzgesetz."

Bei allem Ernst der Lage schlägt der Halberstädter aber auch versöhnliche Töne an. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es Bestrebungen gibt, den Goldbachwanderweg als touristische Verbindung der Kreisstadt in den Harz wieder zu beleben. "Wenn wir dort einen sechs Meter breiten Weg plus Schonstreifen als Abgrenzung zur Ackerfläche anlegen könnten, wäre dort schon viel erreicht", stellt Ulrich Kasten fest.