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  7. Die Heilige Katharina schrumpft jedes Jahr, doch auf die Größe kommt es nicht an

Träger des Ehrenpreises der Stadt sind stolz auf die Figur - egal, wieviel Zentimeter sie misst Die Heilige Katharina schrumpft jedes Jahr, doch auf die Größe kommt es nicht an

Von Gudrun Billowie 23.05.2013, 03:09

Wolmirstedt l Otto Zeitke war im Jahre 2008 der erste Preisträger der heiligen Katharina. Seine ehrwürdige Tonfigur misst stolze 53 Zentimeter. In diesem Jahr wurde Alfred Wiese zum Neujahrsempfang mit dieser höchsten Auszeichnung der Stadt geehrt. Doch seine Katharina ist nur 37 Zentimeter groß. Die hübsche Heilige, die mit Rad und Schwert dargestellt wird, ist in fünf Jahren um 16 Zentimeter geschrumpft.

Schon während der Auszeichnungszeremonie fiel auf, dass Alfred Wiese seine Tonfigur locker mit einer Hand halten und hinter der Urkunde verstecken konnte. Otto Zeitke hatte seinerzeit noch beide Hände gebraucht, um seine Katharina festzuhalten. Wegen der Bürgermeisterwahl am Tag nach dem Neujahrsempfang geriet die Frage, warum Katharina immer kleiner werde, jedoch in Vergessenheit. Doch in der jüngsten Stadtratssitzung erinnerte Kurt Prilloff (CDU) an das ungleiche Maß. "Das ist ein Ehrenpreis", echauffierte er sich, "und der sollte für jeden gleich groß sein."

Neben Dr. Ernst Riemann, Sabine Böttcher und Martin Karcher wurde auch Werner Schierhorn mit diesem Preis ausgezeichnet. Er bekam die Katharina 2011 und seine Figur misst 44 Zentimeter, liegt also in der Größe zwischen der Katharina von Otto Zeitke und Alfred Wiese. Eine Erklärung für die kontinuierliche Schrumpfung der Tonfigur hat er nicht. "Das Stadtsäckel wird schließlich auch immer kleiner", sagt er augenzwinkernd. Einen ähnlichen Gedanken hat auch Kurt Prilloff. Er sinniert: "Ob das Geld nicht mehr reicht?" Wirklich vorstellen kann sich Prilloff diesen monetären Grund für die Verkleinerung des größten Ehrenpreises von Wolmirstedt allerdings nicht.

Auch Bürgermeister Martin Stichnoth wusste keine befriedigende Antwort zu geben. Er sagte lediglich, die Größe der Katharina gehöre zur künstlerischen Freiheit.

Eine Nachfrage in der Ziegelei Hundisburg ergab, dass die Größe der Katharinenfigur in der Tat von künstlerischer Freiheit abhängig ist. Dort wurden die Statuen der Heilige Katharina in Handarbeit hergestellt. "Diese Figuren sind Unikate", sagt Marion Nier, Leiterin der Ziegelei, "damit können sie nicht nur in der Größe variieren, sondern auch in der Gestaltung." Das liegt zum einen daran, wie die Keramikerin die Figur aufbaut, zum anderen am Brand und am Ofen.

Jede Katharina hat also naturgemäß eine andere Größe und ein anderes Aussehen als ihre "Mitschwestern". Die Alternative wäre eine Gipsform gewesen, in der die Figuren gegossen werden. Dann wären alle Katharinen gleich. Für Ziegelei-Leiterin Marion Nier ein Albtraum. "Dann wäre jede Katharina nur ein Abklatsch der anderen." Sie ist froh, der Stadt Wolmirstedt die Schutzpatronin stets als Unikat liefern zu können. Doch die Quelle ist versiegt.

Die Katharinen wurden samt und sonders von Jutta Everding hergestellt. Sie fertigte auch die lebensgroße Katharina, die im Foyer des Rathauses die Besucher begrüßt.

Jutta Everding ist inzwischen Rentnerin und lebt in Holland. Die letzten Katharinen hat sie schon von ihrem "Alterssitz" aus gefertigt. Doch mit dem Weggang von Jutta Everding tut sich ein anderes Problem auf, als eine immer kleiner werdende Katharina. "Es gibt bei uns in der Ziegelei niemanden mehr, der so eine Figur herstellen kann", sagt Marion Nier. Stirbt damit der Ehrenpreis der Stadt? "Nur eine Katharina ist noch vorrätig", sagt Marion Nier. Der nächste Preisträger kann sich also auf eine Katharina aus den Händen von Jutta Everding freuen. "Danach werden wir eine neue Keramikerin finden", ist sich die stellvertretende Bürgermeisterin Marlies Cassuhn sicher, "der Preis wird auch in Zukunft verliehen."

Den Preisträgern indes ist die Größe der Katharina "schnuppe". Sowohl Werner Schierhorn als auch Alfred Wiese freuen sich unbändig über die Würdigung mit dieser ehrwürdigen Dame für ihr jahrzehntelanges ehrenamtliches Wirken für die Stadt. "Mir reichen meine 44 Zentimeter", schmunzelt Werner Schierhorn. "Auch ich bin froh, diese Katharina bekommen zu haben", sagt Alfred Wiese. Otto Zeitke hat bei seiner Katharina auch noch nie auf die Größe geschielt.