Auch rechtlich nicht eigenständige Dörfer dürfen sie nun registrieren lassen Kleine Orte können jetzt mit einem Wappen groß rauskommen
Es gibt jetzt eine Ortswappenrolle, in der auch eingemeindete, nicht mehr eigenständige Ortsteile ihre Wappen registrieren lassen können. Darauf weist der Heraldiker Thomas Rystau aus Hundisburg hin.
LandkreisBörde l Wappen dienten im Mittelalter als Erkennungszeichen für die Ritter. "Daher wusste man, wer Freund und wer Feind ist", erklärt Thomas Rystau, Heraldiker aus Hundisburg, den historischen Hintergrund. Schließlich wurden Wappen Erkennungsmerkmale und Identifikationszeichen für Familien.
Heute sind es neben Städten und Gemeinden vor allem die kleinen Orte, die Wappen als Möglichkeit der stärkeren Identifikation immer mehr für sich entdecken - auch vor dem Hintergrund der zurückliegenden Gemeindegebietsreform. "Es kann das Streben eines Ortes nach Aufrechterhaltung von Identität und Tradition unterstützen", ist sich Rystau sicher, der selbst schon Wappenaufträge erhalten und Wappen-Genehmigungsverfahren begleitet hat, bis sie abgesegnet worden waren.
Gelten Wappen für Städte und Gemeinden als Hoheitszeichen, ist dies bei inzwischen eingemeindeten Orten nicht der Fall. Die neu eingeführte Ortswappenrolle gibt diesen Orten nun die Chance, ihre Wappen trotzdem registrieren zu lassen. Der Verein Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, kurz Herold, macht dies möglich. Wer sein Wappen dort registrieren lässt, erwirkt Schutzrechte und kann es öffentlich für repräsentative Zwecke führen. In Deutschland können Personen und Körperschaften Wappen frei annehmen.
Jedoch können Wappen nicht nach Gutdünken gestaltet werden, erklärt Thomas Rystau. Sie müssen den heraldischen Regeln entsprechen. Das bedeutet zum Beispiel einerseits, dass die richtigen Farbgruppen beachtet werden. Andererseits dürfen Gebäude, Zahlen oder Buchstaben nicht aufgebracht werden. "Wappen, die man sich nicht merken kann oder die mit vielfach verwendeten Allerweltssymbolen vollgepackt sind, schlagen im Bewusstsein der Bevölkerung keine Wurzeln", erläutert Rystau den Hintergrund dieser Regeln. Es empfehle sich für alle an einem Wappen interessierte Ortschaften, Kontakt mit einem Grafiker aufzunehmen, der mit den heraldischen Regeln vertraut ist, oder einen Heraldiker zurate zu ziehen. Hat ein Ort sich auf ein Wappen einigen können, dann kann der Ortsrat oder auch eine Bürgerversammlung das Wappen offiziell annehmen, erklärt Rystau. Bevor es dann in die Ortswappenrolle des Herold eingehen kann, wird es dort in wappenkundlicher und juristischer Hinsicht geprüft.
Rystau weist auch deshalb auf diese neue Ortswappenrolle des Herold hin, weil es viele Gemeinden gebe, die sich vor einer Eingemeindung kein Wappen zugelegt haben, spricht der 42-Jährige aus seiner Erfahrung. "Aber die Orte verschwinden ja nicht. Und warum sollen sie dafür bestraft werden, dass sie bislang kein Wappen hatten." Er verfolgt die Entwicklung von Wappen in Sachsen-Anhalt sehr genau, recherchiert und hat bereits an die tausend Orte mit ihren Wappen in einer Datenbank zusammengeführt. Er glaubt: "Die Kommunalheraldik hat in der demokratischen modernen Gesellschaft eine nützliche Funktion. Wer sich der eigenen Identität und Herkunft bewusst ist, wird auch im Rahmen der größeren Einheit eine dem Ganzen förderliche Rolle spielen."