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Nach Brigitte Köthers Vortrag im Heimatverein erhärtete sich der Verdacht: Wir haben wohl ein Sprachproblem

Von Gudrun Billowie 22.11.2010, 05:23

Wolmirstedt. "Haben wir ein Sprachproblem?", fragte Brigitte Köther am Donnerstag Abend im Bürgerhaus, und suchte vor über 80 Gästen nach einer Antwort. Es war eine Veranstaltung des Heimatvereins und so eröffnete Otto Zeitke den Abend und führte Brigitte Köther als "glühende Bewahrerin der deutschen Sprache" ein. Diesem "Stempel" wurde sie schon mit den ersten Sätzen gerecht. Vehement prangerte Brigitte Köther die immer mehr werdenden Anglizismen in unserer Sprache an. Mit "Back to school" (Zurück zur Schule) wirbt eine Textilkette für Jacken und Mützen für die Nachferienzeit. "Muss das denn sein", wundert sich die ehemalige Deutschlehrerin. Dabei ist ihr das Englische nicht fremd, sie unterrichtet diese Sprache sogar. "Doch die deutsche Sprache ist mir Haut, die englische ist mir Kleid", zog sie eine Grenze.

Nicht nur das überhand nehmende "Denglisch" ärgert Brigitte Köther. Auch das zunehmende Schattendasein des Genitivs mag sie nicht hinnehmen und führte prompt das schöne Beispiel eines Genitiv-Satzes an: "Wegen des Muttersprachenmordes sitzen wir hier." Eben nicht "wegen dem Muttersprachenmord", wie es viele wahrscheinlich auch für richtig befunden hätten. Ist es aber nicht.

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Brigitte Köther ordnete nicht nur die falsche Grammatik dem Sprachproblem zu, auch ungenaue Worte lassen Erzähltes verflachen. "Nehmen wir das Wort schön", sagte Brigitte Köther, "wenn etwas schön war, sagt das nicht unbedingt viel." Beglückend, informativ, blendend, fotogen, beseeligent sind nur ein paar der Synonyme, mit denen das Schöne genauer beschrieben werden kann. Dennoch, Brigitte Köther ist inzwischen ganz froh, wenn junge Menschen überhaupt das Wort "schön" benutzen. "Für die Jugend ist alles cool", bedauerte sie. Brigitte Köther streift wachen Auges durch die deutsche Sprache und trifft neben grammatikalischen Sündenfällen auch inhaltliche. Hinter zutiefst menschlich empfundenen Sätzen tun sich bei genauem Betrachten Abgründe auf. "Ich entschuldige mich ist ein Heischesatz", sagte Brigitte Köther, "ich kann mich nicht selbst entschuldigen. Ich kann nur um Entschuldigung bitten."

Beinahe zwei Stunden lang klamüserte Brigitte Köther Alltagssprache in Wort und Schrift auseinander, sensibilisierte die Zuhörer. Würde jeder die Regeln beachten, seine Worte auf die Goldwaage legen, bevor er sie spräche, vermutlich gäbe es weniger Kommunikationsprobleme.

Eine Sprache jedoch kommt ohne Worte aus und das ist die Musik. Anne und Hannes Lietze, sowie Jonas Sültmann bereiteten auf der Querflöte, der Klarinette und auf dem Klavier sinnlichen Hörgenuss.