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Drei Wolmirstedter gingen bis Santiago de Compostela Das Pilgern auf dem Jakobsweg ist sehr steinig und schwer

Von Gudrun Billowie 28.10.2010, 06:16

Millionen Menschen sind den Jakobsweg schon gegangen. Seit Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" ist dieser Pilgerweg ins spanische Santiago de Compostela noch mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt. "Seit ich das Buch gelesen habe, hat der Weg mich gerufen", sagt Inge Mewes.

Wolmirstedt. Die Farsleberin ist diesem Ruf gefolgt, unter anderem mit den Wolmirstedtern Renate Höding und Jürgen Finke. Sie gingen 325 Kilometer, von León bis zur Kathedrale in Santiago de Compostela, der Grabstelle des Apostels Jakobus.

Renate Höding ist diesen Weg vor drei Jahren schon einmal gegangen, "mit einer Wandergruppe, vierzig Leute hinter einer Fahne." Das brauchte sie nicht noch mal. "Aber ich wollte noch einmal gehen, im Heiligen Jahr." Das wird ausgerufen, wenn der Feiertag des Heiligen Jakob, der 25. Juli, auf einen Sonntag fällt. 2010 ist so ein Jahr. "Im Heiligen Jahr ist an der Kathedrale die Heilige Pforte geöffnet", weiß Renate Höding. Damit war alles klar. Renate Höding, Jürgen Finke und ein paar andere Wanderfreunde buchten Flüge, wanderten schon mal mit Gepäck 100 Kilometer auf dem Harzer Hexenstieg.

Inge Mewes rief der Jakobsweg immer noch, aber in ihr fraß Flugangst. Der Jakobsweg schien unerreichbar. Bis eine Wanderfreundin ausfiel und der Flug frei war. Renate Höding wusste vom Traum ihrer Freundin Inge und gab ihr zwei Tage Bedenkzeit.

Am 23. September stieg Inge Mewes mit den anderen ins Flugzeug. Flugangst? "Nach einer halben Stunde fand ich Fliegen schön", staunt sie noch immer. Am nächsten Tag machten sich die Pilgerer in León auf den Weg. Siebzehn Tage lang folgten sie Schritt für Schritt der Jakobsmuschel. "Dieser Weg ist kein Spaziergang", sagt Jürgen Finke. "Es ging über Stock und Stein", bestätigt Renate Höding. Xavier Naidoos Lied "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg ist steinig und schwer" kam ihnen in den Sinn. "Ohne unsere Wanderstöcke hätten wir die Auf- und Abstiege der 1500 Meter hohen Berge mit Wegen voller Geröll nicht geschafft", sagt Inge Mewes.

Auf dem Rücken trugen sie elf bis zwölf Kilo Gepäck. "Zwei T-Shirts, zwei mal Unterwäsche, drei Paar Strümpfe, ein langärmeliges Shirt, Regenbekleidung und einen Schlafsack, der nicht mehr als 500 Gramm wiegt", zählen sie auf. "Wir haben die Sachen vorher auf der Küchenwaage gewogen", erzählt Jürgen Finke. Vieles blieb daheim, einen Föhn vermisste niemand, wichtig war Hirschtalg zum Einreiben der Füße. "Ich wollte heraus finden, mit wie wenig man auskommt", nennt Inge Mewes eine Motivation. Die Pilgerer vermissten nichts.

Der Jakobsweg soll die Pilgerer vor allem zu sich selbst führen. "Für mich war es eine sportliche Herausforderung", stellen Renate Höding und Jürgen Finke klar. Die kleine Gruppe blieb nur am Anfang zusammen. "Wir haben sogar gesungen", erinnert sich Renate Höding. Nach und nach fand jeder sein eigenes Tempo. Renate Höding und Jürgen Finke waren manchmal schon einen Tag voraus. "Ich brauchte längere Pausen, musste mich immer wieder umschauen, in den Kirchen verweilen, mich mit den Rotkehlchen unterhalten", geht Inge Mewes das Herz über, "oft habe ich darauf geachtet, dass keiner vor und hinter mir geht." Sie schwärmt von den Eukalyptuswäldern, den alten Kirchen und Klöstern, den Begegnungen. "Es war so berührend, wenn einem ein alter Mann eine Weintraube schenkt."

Auch Jürgen Finke war von der Freundlichkeit der Pilgerer aus aller Welt und der spanischen Einwohner beeindruckt. "Galizien ist eine sehr arme Region, aber auf diesem Weg klappt die Völkerverständigung. Die häufigsten Worte waren Buen Camino - Guten Weg". Ungern erinnert er sich an den Diebstahl seiner Kamera. Alle Bilder sind weg. Dennoch, er zuckt gelassen mit den Schultern. Dumm gelaufen.

Denken die drei Wanderer an die Messe in der Kathedrale in Santiago de Compostela, glänzen die Augen. "Selbst die nüchterne Renate war angerührt", konstatiert Inge Mewes.