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Sphärische Kamera Neue Wege bei Spurensicherung

Von Regina Malsch 15.03.2010, 04:52

Ein wenig Science-Fiction-Atmosphäre war kürzlich in Auerbachs Mühle zu erleben. Kleine Scheinwerfer drehten sich im Kaminzimmer langsam um die Achse und erleuchteten den " Tatort ", den die Kamera mit einer 360 Grad Rundumsicht und 180 Grad von der Decke bis zum Boden aufnahm.
Wolmirstedt. Der Film, der die räumlichen Verhältnisse bis ins kleinste Detail zeigt, kann unmittelbar danach auf dem Laptop angesehen werden. Ein Kameramann ist nicht nötig, alles läuft automatisch. Die so genannte sphärische Kamera befindet sich seit drei Jahren im Besitz der Tatortgruppe beim Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt. Deren Leiter, Kriminalhauptkommissar Thomas Strauß, war Gast im Lionsclub Ohrekreis. Thema seines Vortrages waren : " Neue Methoden der Spurensicherung ", zu der eben auch die Kamera gehört. Pro Jahr kommt sie in etwa 200 Fällen zum Einsatz. " Sie erleichtert die Arbeit der Polizei erheblich und dient der Beweisführung vor Gericht. Es wird ein vollsphärisches Bild des Tatortes hergestellt. Man bekommt den Eindruck, selbst vor Ort zu sein ".
Davon konnten sich die Anwesenden selbst überzeugen. Strauß, der in Lindhorst wohnt, lud sie nämlich ein zu einer virtuellen " Tatortbesichtigung " nach Atzendorf, wo die Polizei kürzlich die größte Hanfplantage in Sachsen-Anhalt ausgehoben und die drei Betreiber festgenommen hatte. Besonders staunten die Lionsfreunde und Gäste über die hohe technische Ausstattung. " Wir haben ein ausgeklügeltes Belüftungs- und Bewässerungssystem vorgefunden. Außerdem wurde mit über 250 Lampen in der fensterlosen Halle eine Tag- und Nachtsituation geschaffen. Schätzungsweise sind hier für die Drogenherstellung zehn Millionen Euro investiert worden ", kommentierte Strauß den Film. Die vorgefundenen rund 5400 Pflanzen und 30 bis 40 Kilogramm Hanfblüten hätten einen Verkaufswert von bis zu acht Millionen Euro.
Die Tatortgruppe als Serviceabteilung des LKA kann für entsprechende Fälle im ganzen Land abgefordert werden. So zum Beispiel 1999, als in Elbeu die siebenjährige Kristin tot aufgefunden wurde. Als Täter wurde nur einen Tag später ein 14-jähriger Junge überführt. Wesentlich länger hatte die Aufklärung des Mordes an der Schülerin Maria Juhl aus Haldensleben gedauert. Erst eine DNA-Analyse brachte den Täter hinter Gitter. Wie aufwändig es ist, Beweise zu sichern, erläuterte der Referent an einem Mordfall in Wolfen vor neun Jahren. Zwei Tatverdächtige, 23 und 24 Jahre alt, hatten sich gegenseitig beschuldigt, die 18-jährige Maria mit 17 Messerstichen getötet zu haben. Erst als nach einer großangelegten Suchaktion auf einer Mülldeponie der Teppich aus der Mordwohnung gefunden worden war, konnte dem 23-jährigem Mann die Tat nachgewiesen werden. Strauß demonstrierte an diesem Fall, wie akribisch die Polizei vorgehen muss, um auch an einem gesäuberten Tatort Blutspuren, Fingerabdrücke oder Material für eine DNA-Analyse zu finden. Und er betonte, dass Mord nie verjährt und neue Methoden der Spurensicherung es ermöglichen, Täter auch viele Jahre später noch vor Gericht zu bringen.
Lionspräsident Dennis Böttcher bedankte sich für den sehr interessanten Vortrag, der die Achtung vor der Arbeit der Polizei hat bei allen wachsen lassen