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86-Jährige Zerbsterin wird durch Anrufe einer dubiosen Firma massiv belästigt Telefonterror: Mit kostenlosen Pflastern auf Kundenfang

Von Karolin Aertel 01.02.2011, 05:39

Es ist gerade zweieinhalb Jahre her, dass die Zerbsterin Erna Schulze (Name geändert) Opfer von Post- und Telefonterror wurde. Mit Hilfe der Volksstimme und des Europäischen Verbraucherzentrums konnte sie sich damals zur Wehr setzen. Nun scheint sich alles zu wiederholen. Seit dem 14. Januar wird sie wieder von einer ihr unbekannten Nummer massiv belästigt. Die Rechercheergebnisse führen über die Schweiz nach Korea.

Zerbst. Das Telefon klingelt. Erna Schulze eilt zum Telefon und hebt ab. "Hallo", begrüßt sie den Anrufer. Am anderen Ende keine Reaktion. Erna Schulze legt auf. Kurze Zeit später: Dieselbe Nummer. Wieder nimmt sie ab. Es ist nichts zu hören. Erna Schulze wird misstrauisch. Die Telefonnummer des Anrufers ist ihr nicht bekannt. Die Vorwahl 0041 verweist auf die Schweiz. Das weiß sie zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht.

Es klingelt ein drittes Mal. Sie hebt ab und endlich, es meldet sich jemand. Ein Mann. Mit Akzent. Verstehen kann sie den Anrufer nicht. Die 86-Jährige hört schlecht. "Es klang nach einer anderen Sprache", erzählt sie verunsichert. Erkennen konnte sie diese jedoch nicht. Sofort habe sie wieder aufgelegt.

Mehr als 14 Tage sind inzwischen vergangen. Der Anrufer hat in dieser Zeit beinahe täglich bei ihr angerufen. Zu jeder Tageszeit – morgens, mittags, abends. Den Telefonhörer abgenommen habe sie seither allerdings nicht mehr. Dennoch fühle sie sich enorm terrorisiert. Hilfesuchend wendete sich Erna Schulze an die Volksstimme-Redaktion. "Ich werde damit nicht mehr fertig", gesteht sie.

Anrufe aus der Schweiz von einer Firma aus Korea

Eine erste Internetrecherche ergab zunächst, dass es sich bei der Telefonnummer 0041 43 3888055 vermutlich um ein Unternehmen in der Schweiz handelt. Bei Rückruf unter der besagten Nummer ist lediglich die Bandansage eines Call-Centers – oder wie die Stimme vom Band sagte "Kundenzentrums" – zu hören. Einen realen Mitarbeiter hat die Redaktion trotz mehrfachen Rückrufens nicht zu sprechen bekommen.

Im Zuge der weiteren Recherche wurde zunehmend deutlich, dass es sich vermutlich um das Unternehmen "Green Best" handelt, das so genannte "Green Sap Sheets" (Entgiftungspflaster) vertreibt. Pflaster, die, unter die Füße geklebt, angeblich den Körper während des Schlafes entgiften sollen.

Ein Blick auf die englischsprachige Homepage des Unternehmens "Green Best" offenbarte, dass der Firmensitz in Korea angesiedelt ist.

Laut zahlreichen Einträgen auf Online-Verbraucherforen verteile "Green Best" in Deutschland kostenlose Probe-Entgiftungspflaster und kontaktierte die Empfänger anschließend telefonisch, um zum Kauf zu animieren.

Einen Gutschein für derartige Pflaster hatte kürzlich auch Erna Schulze in ihrem Briefkasten. Dass sie deswegen jetzt belästigt werde, dafür hat sie kein Verständnis. Es ist kaum zweieinhalb Jahre her, da wurde sie schon einmal Opfer vom "Telefonterror" eines österreichischen Unternehmens. Damals halfen die Volksstimme und das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ). Doch, was sollte sie diesmal tun?

Direkt auffordern, Anrufe zu unterlassen

Ein Anruf beim EVZ brachte keine Hilfe. "Da die Schweiz nicht zur EU gehört, sind dem Europäischen Verbraucherzentrum die Hände gebunden", so Andrea Sack, Juristin des EVZ. Ihr Rat: "Versuchen sie es bei der Bundesnetzagentur."

Doch auch bei der Bundesnetzagentur konnte man nicht weiterhelfen, da diese nur bei Fällen innerhalb der Bundsrepublik agieren könne, so die Auskunft der Pressestelle.

Ebensowenig Handlungsmöglichkeiten sieht das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) in der Schweiz. "Unseren Experten sind derartige Beschwerden bisher nicht bekannt und auch die Gesetzeslage der Schweiz lässt eine Unterbindung derartiger Werbeanrufe nicht zu", so die Pressesprecherin der BAKOM, Deborah Murith.

Sie rät Betroffenen: "Fordern Sie die ungebetenen Anrufer direkt auf, es zu unterlassen, sie telefonisch zu kontaktieren. Sicherheitshalber können Sie dies auch schriftlich via Einschreiben tun. Sollten Sie dennoch belästigt werden, wenden Sie sich an die Polizei."