1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Schicksal der Särge sorgt für Betroffenheit

Schloss-Förderverein beteiligt sich mit Vortrag zur Fürstengruft an den 50. Zerbster Kulturfesttagen Schicksal der Särge sorgt für Betroffenheit

Von Daniela Apel 21.03.2015, 02:22

Über 100 Interessierte tauchten kürzlich in "Die Zerbster Fürstengruft" ein. Dirk Herrmann nahm sie in einem spannenden Vortrag mit in die einstige Grablege des Schlosses, in der die prachtvollen Särge ruhten, deren Restaurierung nun angestrebt wird.

Zerbst l Über drei Monate hatte Dirk Herrmann recherchiert und geforscht. "Währenddessen konnte ich viele neue Erkenntnisse zur Zerbster Fürstengruft gewinnen", erklärte der Vorsitzende des Schloss-Förderverein. Die Ergebnisse dieser akribischen Feinarbeit spiegelten sich eindrucksvoll in seinem äußerst anschaulichen Vortrag wider. Aufmerksam und mitunter betroffen lauschten die 110 interessierten Zuhörer den Ausführungen.

Seine faktenreichen Schilderungen führten zurück ins Jahr 1603, als Fürst Rudolf die Anhalt-Zerbster Linie begründete, die 1793 mit Fürst Friedrich August erlöschen sollte. Sieben Regenten und eine vormundschaftliche Regentin gab es in diesen 190 Jahren. Insgesamt zählte das Fürstenhaus in der Zeit 48 Mitglieder, die nach ihrem Ableben angemessen bestattet werden mussten.

Ihre ursprüngliche Grablege befand sich in der Hof- und Stiftskirche St. Bartholomäi, wie Dirk Herrmann erläuterte. "Die Planungen zum Westflügel sahen keine Gruftanlage vor", berichtete er, dass die Gewölbe unterhalb der Schlosskapelle anfänglich als Waschküche und Lager dienten. Erst der frühe Tod der Erbprinzessin Friederike mit 34 Jahren habe Planungsänderungen nach sich gezogen. "Johann August bewog seinen Vater, Fürst Carl Wilhelm, ein Begräbnis im Schloss für seine Gemahlin und sich anzulegen."

1713 erfolgte die Fertigstellung der Grabanlage. Diese umfasste neben einer Vorkammer und einem geschmückten Vorraum ein Nebengewölbe mit Doppelsarkophag sowie einen Raum mit Versenkeinrichtung aus der Schlosskapelle. Form und Verzierungen waren für unsere Region völlig ungewöhnlich und einmalig, entsprachen eher dem katholischen Begräbnisritual als dem protestantischen beziehungsweise lutherischen Glauben der Zerbster Fürsten, wie der Referent darlegte.

Friedrich I. von Anhalt ordnete 1899 schließlich die Auflösung der Gruft in der Bartholomäikirche an. Die dort befindlichen Särge wurden in die Schlossgruft überführt, die man um zwei weitere Kammern erweiterte. "Von 1899 bis 1945 befanden sich dort 25 Mitglieder des Fürstenhauses in 23 Särgen", konstatierte Dirk Herrmann.

Beim Luftangriff auf Zerbst am 16. April 1945 wurde das Schloss durch Bombentreffer schwer zerstört. "Herabstürzenden Mauerteile vernichteten vermutlich das Nebengewölbe der Gruft mit dem Doppelsarkophag des Fürsten Johann August und der Fürstin Friederike sowie die dritte Kammer mit vier Särgen." Dirk Herrmann berichtete, wie Angehörige der sowjetischen Besatzungsmacht nicht davor zurückschreckten, die Fürstengruft zu plündern.

Im Juni 1948 begann dann die Sprengung des Westflügels - zunächst ohne die dort ruhenden Särge zu bergen. Ihre endgültige Vernichtung konnte durch die Überführung in die Bartholomäikirche allerdings im letzten Moment abgewendet werden. Wohl 1949 wurden alle 17 Särge in den Chor der Gruft gebettet.

"Von 1985 bis 1990 erfolgte eine grundlegende Restaurierung der Bartholomäikirche", blickte Dirk Herrmann zurück. Wie er schilderte, wurden beim Einbau eines Heizkanals wegen Platzbedarfs drei der Erwachsenensärge und alle acht Kindersärge auf andere Prunksärge gestellt, die durch das hohe Eigengewicht zusammensanken und sich in einem desolaten Zustand befinden. Mit der Abnahme und Verlagerung der Kindersärge verbesserte sich die Situation zwar, die Lösung ist das jedoch nicht.

So ging der Vorsitzende des Schlossvereins zu guter Letzt auf die Vision ein, im Kellergeschoss des Corps de Logis eine dauerhafte Grablege einzurichten. Das Ansinnen erfuhr bereits 2012 die mehrheitliche Zustimmung des Stadtrates und an diesem Abend den Zuspruch der Anwesenden. Ebenfalls "sehr wünschenswert" wäre die Restaurierung der Fürstensärge, sagte Dirk Herrmann, der für seinen gelungenen Vortrag mit lang anhaltendem Applaus belohnt wurde.

Dirk Herrmann ist an jeglichen Informationen zur Zerbster Fürstengruft und den Särgen interessiert. Wer ihm mit Bildern, Aufzeichnungen oder persönlichen Erlebnissen weiterhelfen kann, wird gebeten, sich an ihn zu wenden.