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Flüchtlinge in Magdeburg Hier lachen tapfere Kinder

In einer Ausstellung erzählen Flüchtlingskinder von der Magdeburger Grusonstraße ihre Geschichten. Hinter den kleinen Bastelarbeiten in Schuhkartons verstecken sich zum Teil dramatische Erzählungen. Wie zum Beispiel die von Delsher und Serhat aus Syrien.

27.08.2014, 03:22

Magdeburg l Delsher (14) und Serhat (10) leben seit vier Monaten gemeinsam mit ihren Eltern im Asylbewerberheim an der Grusonstraße. Der Plattenbau ist überfüllt und in keinem guten Zustand (Volksstimme berichtete). "Das ist uns egal. Dafür ist es hier sicher", sagt Delsher mit ruhiger Stimme. Für einen 14-Jährigen wirkt der großgewachsene Junge bereits sehr abgeklärt. Obwohl er erst seit wenigen Wochen in der Bundesrepublik ist, kann er schon recht gut Deutsch. Auch sein Bruder Serhat wechselt in wenigen Sätzen gekonnt zwischen Deutsch und Englisch hin und her. "Haben wir uns selber beigebracht", sagt Serhat.

"Wir sind mit einem Lkw aus Syrien geflüchtet", berichtet sein Bruder Delsher. Über vier, vielleicht fünf Länder ging es nach Deutschland. Nur weg von dem Krieg und dem Elend. Auch Magdeburg ist für die beiden Jungs nur eine Zwischenstation. Die Familie der beiden weiß bereits, dass es weiter nach Hessen geht. Deutschland nimmt 20 000 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien auf und verteilt diese nach einem speziellen Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer. "Wie es in Hessen für uns weitergeht, wissen wir noch nicht", sagt Delsher. Trotz des Krieges fehle ihm seine Heimat. Sieht er Bilder aus Syrien, fühlt er sich nicht gut. "Das macht mich traurig", sagt er.

Mit seinem Bruder sind die beiden zwei von mehr als 20 Flüchtlingskindern von der Grusonstraße, die derzeit eine Ausstellung in der Magdeburger Stadtbibliothek vorbereiten. Unter dem Titel "Jemand ist unterwegs" werden Bastelarbeiten in kleinen Schuhkartons präsentiert. Darin Bilder, Collagen und Gegenstände, die persönliche und emotionale Geschichten aus den Herkunftsländern erzählen. Mit initiiert wurde das Projekt von der aus Angola stammenden Künstlerin Juliana Gombe (45), die im Auftrag des Internationalen Bundes (IB) das Projekt mit den Jungen und Mädchen verwirklicht. Gombe lebt seit 14 Jahren in Magdeburg, kam einst selbst als politischer Flüchtling aus ihrem Heimatland. Deutsche Staatsbürgerin ist sie noch nicht, hat aber einen Aufenthaltstitel.

Mit den Flüchtlingskindern von der Grusonstraße hat Juliana Gombe in den vergangenen Wochen viele Dinge unternommen. Vom Spielplatzabenteuer bis zum Schwimmbadbesuch waren viele Sachen dabei. "Wir haben die Stadt kennengelernt", sagt Juliana Gombe und hält kurz inne. "Ich hätte mir so etwas vor 14 Jahren auch gewünscht. Es ist wichtig, dass man sich zu Hause fühlt. Auch wenn die Kinder lachen, haben sie viel durchgemacht", sagt sie. Manchmal äußere sich das in ganz banalen Situationen. Zum Beispiel, als eines der Kinder bei einer Fahrt zum Spielplatz plötzlich einen Weinkrampf bekommt, als alle in den Bus einsteigen wollen. "So etwas passiert. Die Kinder kommen aus den unterschiedlichsten Ländern und haben teilweise schlimme Dinge erlebt", sagt Juliana Gombe.

Bibliothekspädagogin Miriam Schmidt hat ebenfalls bei der Organisation des Projekts geholfen. Sie freut sich auf die Ausstellung in der kommenden Woche. "Die Kinder sind gerne dabei. Viele kannten die Bibliothek auch schon vorher", sagt sie.

Die Ausstellung "Jemand ist unterwegs" wird vom 1. September bis zum 30. September in der Zentralbibliothek zu sehen sein.