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Weijie Zhao studiert in Peking Germanistik. Die 23-Jährige hat es nun schon zum zweiten Mal an die Elbe verschlagen Vom Reich der Mitte nach Magdeburg

Von Julian Schmidt 26.09.2014, 01:05

Vor zwei Jahren kam die Studentin Weijie Zhao zum ersten Mal nach Magdeburg. Anfang des Monats kehrte sie für ein Praktikum in der Bibliothek zurück. Dort brachte sie am Dienstag Schülern ihre Heimat China näher.

Magdeburg l Knapp 600 Chinesen haben ihren Hauptwohnsitz in Magdeburg. Weijie Zhao gehört zwar nicht dazu, aber das könnte sich in Zukunft vielleicht noch ändern. Die 23-jährige Master-Studentin der Germanistik stammt aus dem chinesischen Luoyang, einer der vier großen alten Hauptstädte Chinas mit mehr als 6,5 Millionen Einwoh- nern.

Vier Wochen lang arbeitet Weijie Zhao als Praktikantin in der Magdeburger Stadtbibliothek. Gestern verbrachte sie dort ihren letzten Tag. Der Abschied fiel der jungen Frau zwar schwer, doch der Gedanke an ein besonderes Ereignis Anfang der Woche stimmte Weijie Zhao dann wieder fröhlich.

Am vergangenen Dienstagmorgen besuchten sie nämlich 21 Erstklässler der Grundschule "Am Westernplan" in der Bibliothek. Die Studentin lud die Kinder zur Veranstaltung "Ich zeichne mein China" ein. "Ich wollte gerne einige Magdeburger Schüler auf eine kleine Reise nach China mitnehmen, um ihnen meine Kultur näherzubringen. Deshalb kam mir die Idee, ein eigenes Programm für Kinder umzusetzen", erzählte Weijie Zhao in ausgezeichnetem Deutsch. Und so lauschten die kleinen Gäste zunächst einer traditionellen chinesischen Geschichte über die Bedeutung von Ehrlichkeit. Anschließend wurde es musikalisch.

Eine musikalische Reise nach China

Denn: Weijie Zhao spielt seit ihrem siebten Lebensjahr Klavier. Am Flügel im Lesecafé entschied sie sich für das chinesische Lied "Die fröhlichen Mädchen". Nicht ganz chinesisch, aber dafür mit vollem Gesangseinsatz der Schüler ging es mit "Alle Vögel sind schon da" weiter. Danach durften die Mädchen und Jungen einen chinesischen Tanz miterleben. "Sie bewegt sich so schön und ich mag ihren Fächer", schwärmte Schülerin Laura. Selbst in Aktion traten die Kinder am Schluss, als sie die Wörter "Buch" und "Liebe" in chinesischen Schriftzeichen nachzeichneten. Als Belohnung malte Weijie Zhao mit Pinsel und Tusche die Namen der Grundschüler - natürlich in chinesischen Schriftzeichen.

Das Ende ihrer Zeit als Praktikantin bedeutet für Weijie Zhao übrigens nicht das Ende ihres Aufenthalts in Deutschland. Im Oktober geht sie für ein Semester an die Uni nach Hannover. Warum die 23-Jährige vor zwei Jahren schon einmal in Magdeburg war, weshalb sie in Deutschland bleiben möchte und was sie der Volksstimme noch erzählt hat, haben wir für Sie zusammengefasst.

Weijie Zhao über...

... Magdeburg: Vor zwei Jahren war ich während meines Bachelor-Studiums für ein Auslandssemester schon mal in Magdeburg. Ich liebe Magdeburg, weil die Stadt nicht zu groß, aber auch nicht zu klein ist. Außerdem finde ich toll, dass die Stadt so viele Grünflächen hat. Und ich bin vom Hundertwasserhaus fasziniert. Ich habe bestimmt jede Kugel und jede Säule fotografiert.

... ihr Praktikum in der Bibliothek: Vor Beginn meines zweiten Auslandssemesters wollte ich gerne praktische Erfahrungen sammeln. Deshalb habe ich mich hauptsächlich in Magdeburg beworben. Hier hat es mir ja schon vor zwei Jahren sehr gefallen. Ich bin glücklich, dass ich mich in der Stadtbibliothek einbringen konnte.

... ihr Studium: Ich studiere seit fünf Jahren an der Universität für Luft- und Raumfahrt in Peking Germanistik. Ich habe mich für Deutsch entschieden, weil ich gerne eine logische Sprache lernen wollte. Obwohl ich Germanistik studiere, muss ich an meiner Uni zusätzlich eine Menge Mathe pauken.

... die deutsche Sprache: Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, Wörter mit `ch` auszusprechen. Ich habe dann jeden Tag so lange geübt, bis ich es irgendwann hinbekommen haben. Und als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal in Magdeburg war, habe ich einige Leute so richtig zum Lachen gebracht. Anstatt zu sagen, dass mir etwas auf den Keks geht, sagte ich: Es geht mir auf das Gebäck. Ich dachte, das würde keinen Unterschied machen (lacht).

... die Bedeutung ihres Vornamens: Mein Vorname Weijie steht für blauer Himmel, weitläufiger See und schöne Frau im Hofe des Kaisers.

Deutsch ist eine logische Sprache

... deutsche Kinder: Ich beneide die Kinder in Deutschland! Es ist ein Traum, am Wochenende einfach nur das machen zu können, worauf man Lust hat. Bei uns in China müssen die Kinder von morgens bis abends lernen. Sogar am Wochenende! Sie brauchen noch nicht mal im Haushalt mitzuhelfen. Das erledigen die Eltern, damit ihre Kinder in Ruhe lernen können.

... Unterschiede zwischen Deutschland und China: In China gibt es nur wenige Menschen, die ihren Tagesablauf mit Terminkalendern planen. Das ist in Deutschland ganz anders, finde ich. Ich habe mich aber mittlerweile daran gewöhnt, meine Termine schriftlich festzuhalten und vereinbarte Uhrzeiten für Treffen auch pünktlich einzuhalten (lacht). Unsere Kulturen unterscheiden sich zwar, aber im Grunde sind sowohl Deutsche als auch Chinesen herzliche Menschen, die sich für die jeweils andere Kultur interessieren.

Terminkalender sind in China eher unüblich

... das deutsche Essen: An die Essgewohnheiten musste ich mich in Deutschland erst gewöhnen. Bei uns zu Hause gibt es täglich dreimal eine warme Mahlzeit. Hier in Deutschland esse ich sehr gerne Müsli, Vollkornbrot und Joghurt. Und ich mag Brötchen, ganz ohne Butter und Belag. Einfach pur!

... Zukunftspläne: Ende nächsten Jahres werde ich mein Studium beenden. Am liebsten würde ich dann nach Deutschland zurückkommen und hier als Dolmetscherin arbeiten. Ich drücke mir selbst fest die Daumen, dass es klappt!