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Meile der Demokratie am 17. Januar Literatur und warme Füße für den Protest

Der Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs dient seit einigen Jahren als
Vorwand für rechte Aufmärsche. Einwohner und Initiativen aus Magdeburg
wehren sich dagegen. Im vollen Gange sind die Vorbereitungen für eine
Kunst- und Leseaktion.

Von Martin Rieß 11.12.2014, 02:06

Magdeburg l Anfang des neuen Jahres jährt sich die Zerstörung der Magdeburger Innenstadt am 16. Januar 1945 zum 70. Mal. Zahlreiche Vereine, Initiativen und Bündnisse wehren sich dagegen, dass dieses Datum von Rechtsradikalen und -extremen instrumentalisiert wird.

Maik Hattenhorst, Sprecher der Stadtbibliothek, sagt: "Wir müssen dem entgegentreten, dass die fürchterliche Zerstörung Magdeburgs und das Leid der Menschen während der Bombardierung aus dem geschichtlichen Kontext herausgerissen wird." Seine Einrichtung hat sich mit den Initiatoren jener Handarbeitsaktion zusammengetan, die vor Jahren eine kreative Variante für den Protest gewählt haben und ihn jedes Jahr unter einem neuen Motto fortführen.

Warme Socken für den Protest gegen Aufmarsch

Es geht um Gestricktes und Gehäkeltes, was in diesem Jahr unter dem Titel "Steh auf gegen Nazis - Standhaftigkeit braucht warme Füße" auf der Meile der Demokratie verkauft werden soll. Socken, Stulpen und Co. werden mit Aufnähern "Steh auf gegen Nazis!" versehen und verkauft (siehe Infokasten). Ab fünf Euro werden die textilen Einzelstücke an die Besucher der Meile abgegeben.

Theologin Gabriele Herbst erläutert: "Wir möchten all jenen eine Möglichkeit geben, sich am Protest zu beteiligen, die beispielsweise an einer Demonstration nicht teilnehmen können." Senioren oder Familien mit kleinen Kindern gehören zur Zielgruppe der Akteure. Birgit Bursee von der Freiwilligenagentur sagt: "Es muss für alle Menschen eine Protestform geben." Die sich erklärtermaßen auch ergänzen können: "Warum sollte Gestricktes nicht jene wärmen, die an einer Blockade teilnehmen?", fragt Birgit Bursee.

Unter denen, die mit zur Nadel greifen, sind Besucherinnen des Kirchencafés Krähe. Die aus Mali stammende Masse Sanogo und die aus Armenien stammende Sonnik Matewosjan gehören zu jenen, die die Etiketten an die Strick- und Häkelwaren nähen. Sonnik Matewosjan sagt: "An erster Stelle steht der Frieden - und für diesen brauchen wir ein Miteinander der Menschen."

Dass es ein solches mit dem Umdeuten von Geschichte und dem Relativieren von Entwicklungen nicht geben kann, ist für Andreas Hornemann von der Evangelischen Grundschule klar. "Und man kann gar nicht früh genug anfangen, die Kinder dafür zu sensibilisieren. Deshalb sind wir mit von der Partie." Mit der Stadtbibliothek wird ein Programm auch für Kinder gestaltet. Doreen Potrzeba von der Magdeburger Fahrbibliothek sagt: "Für die jüngsten Besucher der Meile der Demokratie werden wir beispielsweise das Anderssein mit dem Buch ,Ringo Rabe traut sich was` thematisieren."

Mit Anke Brämer engagiert sich auch eine Unternehmerin für "Steh auf gegen Nazis - Standhaftigkeit braucht warme Füße". Sie sagt: "Man kann ja nur verändern, wenn man etwas beiträgt." Ihr Beitrag ist es, selber Stücke anzufertigen, die Idee an die Besucher des Querstyle weiterzutragen und Handarbeiten für den Stand entgegenzunehmen.

Welche Vorurteile spielen im Alltag eine Rolle?

Neben dem Protest mit Gestricktem und mit Literatur wollen die Akteure aber auch erreichen, dass sich die Menschen mit Fragen zum Miteinander auseinandersetzen. Gabriele Herbst sagt: "Rechtes Gedankengut erstreckt sich in viele Bereiche der Gesellschaft. Ich bin mir sicher, dass sich jene, die an der Strick-Aktion teilnehmen, bewusst mit ihren eigenen Positionen auseinandersetzen." Maik Hattenhorst sieht das ebenso: "Jeder muss für sich klären, welche Vorurteile in seinem Alltag eine Rolle spielen."