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Kritik an Stadtwerken Hohe Hürden für kleine Architekten am Blauen Bock

Von Martin Rieß 06.05.2015, 03:16

Magdeburg l "Chance vertan!" Mit diesem Satz beschreibt die Architektenkammer Sachsen-Anhalt ihre am Dienstag in der Volksstimme bereits kurz vermeldete Enttäuschung darüber, wie die Städtischen Werke Magdeburg (SWM) das Planungsverfahren für einen Unternehmenssitz am Breiten Weg zwischen Karstadt und Ulrichshaus gestaltet haben. Der Neubau soll anstelle des seit zwei Jahrzehnten leerstehenden Blauen Bocks entstehen.

Als angemessen und üblich für die Lösung einer solch anspruchsvollen Bauaufgabe bezeichnen die Architekten die Auslobung eines Architektenwettbewerbs: Er böte eine Vielzahl von Entwürfen, aus denen die gestalterisch und wirtschaftlich beste Lösung ausgewählt werden kann. Und er gebe auch kleineren und jungen Architekturbüros die Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen.

Zumal es nicht allein um den neuen Baukörper gehen dürfe: "Die Freiräume zwischen dem neuen SWM-Gebäude, Karstadt und dem dahinter liegenden Parkplatz bedürfen dringend einer Aufwertung", schreibt der Präsident der Architektenkammer, Prof. Dr. Ralf Niebergall.

Mit der jetzt veröffentlichten Ausschreibung der Planungsleistungen seien jedoch fast alle Architekturbüros aus Sachsen-Anhalt vom Verfahren ausgeschlossen. Die Kriterien für die Auswahl der Bewerber sind so hoch angesetzt, dass sie nur von ganz wenigen großen Planungsbüros erfüllt werden können: Sie müssen in den vergangenen sechs Jahren zwei Bürogebäude mit mindestens 8000 Quadratmetern Grundfläche, zwei Parkhäuser oder Tiefgaragen gebaut und den Abriss eines Gebäudes von mindestens 2000 Quadratmetern Größe geplant haben. Gute Chancen hätten eigentlich nur Unternehmen mit 900 000 Euro jährlichem Umsatz und mindestens 13 Mitarbeitern.

SWM-Sprecherin Anja Keßler-Wölfer sieht durchaus Chancen für kleinere und mittlere Architekten und damit auch für die Akteure aus der Region: "Unser Unternehmen möchte ausdrücklich die Architekten aus Magdeburg und Umgebung dazu ermuntern, Bietergemeinschaften zu bilden und mit diesen am Wettbewerb teilzunehmen."

Die strengen Kriterien in der Ausschreibung seien genau aus den von der Architektenkammer genannten Gründen notwendig: Bei einem ebenso großen wie komplexen Vorhaben wie der Neugestaltung des Geländes auf der Ecke Breiter Weg/Ernst-Reuter-Allee sei es notwendig, dass die künftigen Partner der Aufgabe gewachsen seien. "Ähnlich wie viele andere Bauherren wollen die SWM im Sinne der Stadtgestaltung, unserer Eigentümer und Kunden das Heft des Handelns nicht aus der Hand geben. Das ist auch bei anderen Bauprojekten oft der Fall", sagt Anja Keßler-Wölfer. Eine vertane Chance erkennt die SWM-Frau nicht: Innerhalb des Verfahrens werde es durchaus einen Wettbewerb zwischen den Anbietern geben, die die Anforderungen erfüllen.

Ob bei den hohen Kriterien tatsächlich die Größe eines Unternehmens ausschlaggebend ist, daran hat die Kammer Zweifel. Geschäftsführerin Petra Heise: "Es geht um die Qualität des Entwurfs für das Herz Magdeburgs, damit hier etwas auch international Vorzeigbares entsteht."