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Umbau- und Abrisspläne der Wobau verärgern auf Einwohnerversammlung viele Anwohner Mieter finden keinen Frieden in der Friedenshöhe

Von Stefan Harter 26.04.2012, 05:18

Auf der Bürgerversammlung im Quartier Friedenshöhe kochten am Dienstag die Emotionen hoch. An den künftigen Umbau- und Abrissplänen der Wobau ließen die Anwohner kein gutes Haar.

Sudenburg l Fast musste Helmut Ziepel einem leid tun. Als technischer Leiter bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft stellte er am Dienstagabend gemeinsam mit Stadtplaner Stephan Westermann die Pläne für das Quartier Friedenshöhe für die nächsten Jahre vor. Dafür bekam er die volle Breitseite gepfefferter Kritik der über 140 Anwohner, die zur Bürgerversammlung gekommen waren, ab.

Derzeit verwaltet die Wobau gut 1500 Wohnungen im Viertel, bis 2025 wird Prognosen zufolge ein Drittel davon leer stehen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, will die Wobau weitere Plattenbauten abreißen lassen, anstatt sie, wie ursprünglich vorgesehen, zu sanieren (s. Infokasten). Auf den freigewordenen Flächen zwischen Ferdinand-von-Schill-Straße und Astonstraße sollen dann Eigenheime entstehen, um den Stadtteil zu verjüngen.

Doch diese Ideen trafen bei den Mietern auf wenig Gegenliebe. Das größte Unverständnis zeigten jene Bewohner, die bereits vor einigen Jahren aus ihren Wohnungen ausziehen mussten, weil ihre Häuser abgerissen wurden, und sich nun wieder "vor die Tür gesetzt" sehen. "Ich fühle mich veralbert", brachte eine Frau den Unmut auf den Punkt. "Man muss doch früher gewusst haben, dass die Blöcke fallen sollen", unterstellte ein anderer Anwohner. Doch Helmut Ziepel bekräftigte, dass erst im Herbst 2011 die Entscheidung für die neuen Abrisspläne gefallen sei.

Die Unsicherheit ist deshalb groß. "Wie lange bleibt mein Block noch stehen?", war denn auch eine häufig gestellte Frage. Ihre 92-jährige Nachbarin sei in Tränen ausgebrochen, als sie den Brief über den drohenden "Rauswurf" erhielt, berichtete eine Mieterin. Helmut Ziepel versicherte, dass die Umzugshilfe der Wobau die Umzugskosten für die "Umsiedler" übernehmen werde.

Die Pläne für die sogenannten "L-Blöcke" nördlich der Astonstraße (Abriss bzw. Stilllegung der oberen Etage) liegen bis auf Weiteres auf Eis. Auf den Blöcken liegen bereits seit 22 Jahren Restitutionsansprüche. Bis diese vermögensrechtlichen Ansprüche geklärt sind, könne und werde die Wobau kein Geld in eine Sanierung stecken. "Wir sind aber nicht Herr dieses Verfahrens", betonte Ziepel. Angesichts der langen Laufzeit zweifelten die Mieter aber am Willen.

Überhaupt sei der bisherige als stiefmütterlich empfundene Umgang mit dem Viertel nicht in Ordnung. Dass man die Brisanz der Situation aber erkannt hat, zeigte die Präsenz der Stadtverwaltung. Sowohl Baubeigeordneter Dieter Scheidemann als auch Stadtplanungsamtleiter Hans-Joachim Olbricht hörten sich die Sorgen an. Alfred Westphal, ehemaliger Stadtrat, nutzte die Gelegenheit und verlangte Aufklärung von beiden.

Scheidemann ging auf die Vorwürfe ein und berief sich auf die geänderten Ansprüche, das Leben in der "Platte" sei nicht mehr so attraktiv. Die Frage, ob bei einer besseren Sanierung mehr Mieter kommen würden, ließ er offen. "Es ist eine Gratwanderung", sagte er nur.

Nach knapp zwei Stunden versagten die Batterien des Saalmikrofons und beendeten die emotionale Debatte. "Wir halten sie auf dem Laufenden", versprach Stadtplaner Stephan Westermann den wenig friedlichen Anwohnern der Friedenshöhe.