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Teure Ausbildung, Schichtdienst und niedrige Löhne Verkehrsbetrieben steht dramatischer Mangel an Busfahrern ins Haus

Deutsche Verkehrsunternehmen steuern nach Aussage von Branchenkennern
auf einen dramatischen Mangel an Busfahrern zu. Teure Ausbildung, lange
Schichten und schlechte Bezahlung zählen zu den Gründen. Bei den
Magdeburger Verkehrsbetrieben (MVB) ist der Fahrermangel schon
angekommen.

Von Robert Richter 25.02.2014, 02:26

Magdeburg l Anfang des Monats sorgte der zeitweise Ausfall mehrerer Buslinien in Magdeburg für Schlagzeilen. Trotz angestrebter Neueinstellungen seien vor allem für die Busse schwer neue Fahrer zu finden, beklagen die MVB. Ein Branchenproblem, heißt es.

Wie ist die Situation in anderen Verkehrsbetrieben? Bei der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG) arbeiten derzeit 35 Busfahrer und 55 "Kombi-Fahrer", die sowohl Bus als auch Straßenbahn steuern.

Fernbuslinien suchen verstärkt

"Wir hatten bislang noch keine Probleme, Busfahrer zu finden", so HAVAG-Pressesprecherin Iris Rudolph: "Möglicherweise wird es in diesem Jahr wieder zu besetzende Planstellen geben." Marc Backhaus, Pressereferent der Leipziger Verkehrsbetriebe: "Derzeit finden wir noch genug Busfahrer, die geeignet sind, um den altersbedingten Abgang von Mitarbeitern auszugleichen. Ausgebildete Busfahrer werden derzeit allerdings auch von anderen Busunternehmen, Speditionen und in letzter Zeit auch verstärkt von Fernreisebusunternehmen gesucht."

Derzeit beschäftige die Leipziger LVB-Gruppe 477 Busfahrer. Freie Planstellen gebe es nicht, so der Sprecher: "Allerdings freuen wir uns immer über Bewerbungen von motivierten und engagierten Menschen, weil wir bei unserer großen Beschäftigtenzahl ja auch immer Abgänge haben, die wir wieder besetzen." Die LVB in Leipzig bilden - anders als die Magdeburger und Halleschen Verkehrsbetriebe - auch selbst Fahrer aus.

Gerd Doepelheuer, Fachbereichsleiter Verkehr bei der Gewerkschaft Verdi, sieht dennoch große Schwierigkeiten: "Der Mangel an Busfahrern wird zunehmend ein Branchenproblem, weil viel zu wenig ausgebildet wurde. Viele Verkehrsunternehmen haben die Zeit verschlafen." "Der Fahrermangel im Bus- und LKW-Bereich ist bereits deutschlandweit stark spürbar", so Michael Zamejc, Buchautor ("Traumberuf Busfahrer") und Betreiber eines Busfahrer-Blogs im Internet. "Der Grund ist eigentlich überall derselbe: immer schlechtere Bezahlung, Fahrpersonal wird in hauseigene Tochtergesellschaften ausgelagert, um Tarifverträge zu umgehen, immer längere Dienstzeiten im Schichtsystem sowie mangelnde Wertschätzung der Arbeit durch Fahrgäste und auch Vorgesetzte."

Teure Ausbildung schreckt ab

Nach Angaben der Magdeburger Verkehrsbetriebe sind trotz 30 Fahrer-Neueinstellungen für Bus und Straßenbahn in den vergangenen Monaten bei den Busfahrern aktuell nicht alle Planstellen besetzt. Es mangele an ausgebildeten Busfahrern auf dem Arbeitsmarkt. Selbst ausbilden könne das Unternehmen nicht. MVB-Sprecherin Juliane Kirste betonte jedoch: "Die MVB halten alle gesetzlichen und tariflichen Vorschriften ein." Die Qualifizierung zum Berufskraftfahrer für mehrere Tausend Euro sowie teure vorgeschriebene Weiterbildungen bei "zu geringer Entlohnung und Schichtarbeit" schreckten jedoch Interessenten ab, schätzt Verdi-Verkehrsexperte Gerd Doepelheuer ein, vor allem seit einer Neuregelung 2008.

Volksstimme-Leser berichteten unterdessen von befristeten Verträgen für Neueinsteiger bei den MVB. Der Busführerschein müsse auf eigene Kosten oder mit Zuschuss vom Arbeitsamt gemacht werden, ohne vom Unternehmen eine Einstellungsgarantie zu erhalten, schildert Leser Wolfgang Rosner.

Gewerkschafter Doepelheuer kritisiert zudem, dass die MVB in ihrem Tochterunternehmen MVG (Magdeburger Verkehrsgesellschaft) rund 50 Busfahrer zu schlechteren Konditionen beschäftigen. "Bei der MVG erhalten die Kollegen mit dem neuen Tarifabschluss ab diesem Monat zwischen 10,40 und 11 Euro pro Stunde. Im Stammhaus sind es 11,15 Euro für Einsteiger und je nach Dienstjahren bis zu 13,27 Euro."

Die Gewerkschaft fordert eine Übernahme der MVG-Busfahrer in die MVB-Stammbelegschaft. Darüber solle im Laufe des Jahres verhandelt werden.