1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Ortsteile dürfen wieder "Stadt" sein

Gesetz soll ehemalige Gemeinden trösten Ortsteile dürfen wieder "Stadt" sein

Ab Dienstag können frühere Städte ihren stolzen Titel zurückfordern. Für manches Gemeinwesen ist das ein kleiner Trost - die Wut über den Verlust der Selbstständigkeit ist weit verbreitet.

Von Hagen Eichler 28.06.2014, 03:19
ARCHIV - «Stadt Oberharz am Brocken - Landkreis Harz» steht am 10.03.2010 in Oberharz (Sachsen-Anhalt) auf einem Ortseingangsschild. Foto: Matthias Bein/dpa (zu Vorbericht lah vom 27.08.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - «Stadt Oberharz am Brocken - Landkreis Harz» steht am 10.03.2010 in Oberharz (Sachsen-Anhalt) auf einem Ortseingangsschild. Foto: Matthias Bein/dpa (zu Vorbericht lah vom 27.08.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa-Zentralbild

Magdeburg l Jahrhundertealte Städte wurden durch die Gebietsreformen der vergangenen Jahre zu bloßen Ortsteilen herabgestuft. Am Dienstag macht das Land die Kehrtwende: Dann können die von Nachbarkommunen geschluckten Ex-Städte ihre einstige Bezeichnung zurückfordern.

Das Interesse ist groß. In Seehausen (Börde) will Ortsbürgermeister Eckhard Jockisch den Antrag schnellstmöglich abschicken. Sein Ort wurde schon im 12. Jahrhundert als Stadt erwähnt, gehört aber seit 2010 zur Stadt Wanzleben-Börde.

In Hoym (Salzlandkreis) blickt man noch immer mit Empörung auf den Titelverlust zurück. Das Land habe dazu gar keine Befugnis gehabt, schimpft Ortsbürgermeister Klaus-Dieter Andree: "Unsere Vorfahren haben das Stadtrecht 1640 von Fürst Wolfgang gekauft, für 1500 Gulden. Was uns Sachsen-Anhalt nicht gegeben hat, kann es uns gar nicht wegnehmen."

Mehr als 700 Jahre hatten die Stolberger ihr Stadtrecht verteidigt, gegen ihren Willen wurden sie 2010 zur Gemeinde Südharz geschlagen. "Als Stadt haben wir ein flottes Leben geführt", blickt Ortsbürgermeister Ulrich Franke (FDP) zurück, zwölf Städtepartnerschaften habe man gepflegt. Aus Geldmangel seien alle Kontakte eingestellt. "Und weil auf meinem Briefbogen `Stadt Stolberg` steht, hat mir die Gemeinde mit einem Verfahren gedroht." Die Rückgabe des Titels Stadt ist für Stolberg allerdings lediglich ein Etappenziel: Der Ortschaftsrat betreibt den Austritt aus der ungeliebten Gemeinde.

Es gibt indes auch mahnende Stimmen. In Großalsleben (Landkreis Börde) etwa würden die Leute auf der Straße sofort Hurra rufen, wenn sie den 2001 verlorenen Titel Stadt zurückbekommen könnten, schätzt Reno Baltruschat, der einstige Ortsbürgermeister. "Aber die Selbstständigkeit bringt uns das auch nicht zurück, der Trend geht heute ja eher zu noch größeren Kommunen."

Einige Ex-Städte werden auch nach den neuen Regeln leer ausgehen. Harzgerode etwa (Landkreis Harz) ist 2009 in einer deutlich größeren Stadt aufgegangen, die ebenfalls Harzgerode heißt. "Die Stadt und der Ortsteil dürfen wegen der Verwechslungsgefahr nicht den gleichen Titel führen", sagt Anke Reppin vom Innenministerium. Das Gleiche gilt auch für Wanzleben, heute Ortsteil der Stadt Wanzleben-Börde.