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Wirtschaftsförderung Frank Thiel: "Landesregierung wird zur Wiederholungstäterin"

Von Michael Bock 18.06.2015, 03:08

Magdeburg l Das Unternehmen bmp soll ab dem 1. Juli die Firmen der landeseigenen Beteiligungsgesellschaft IBG verwalten. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte am Mittwoch: "Der Zeitplan wird eingehalten. Es gibt keine zwingenden Gründe, davon abzuweichen." Die bmp hatte sich in einer europaweiten Ausschreibung durchgesetzt. Sie löst die umstrittene Firma GoodVent ab, deren Chef in die Kritik geraten war, weil er sich auch privat an geförderten Unternehmen beteiligt hatte. Die Mitarbeiter der GoodVent sollen von bmp übernommen werden.

Die Landesregierung braucht für die Vergabe der Management-Aufgaben nicht die Zustimmung des Landtags. Die Opposition kritisierte die Entscheidung scharf. Olaf Meister (Grüne) sagte: "Fehler der Vergangenheit werden sehenden Auges wiederholt." Die Privatisierung werde das Land, auch aufgrund der vereinbarten Managementvergütung, deutlich mehr kosten als eine Verwaltung etwa innerhalb der IBG selbst.

"Sehenden Auges gegen die Wand." - Frank Thiel, Linke

Und: "Was ich für besonders kritikwürdig halte, ist, dass alle bisherigen Erkenntnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur IBG-Affäre praktisch keine Konsequenzen für das Handeln der Regierung nach sich ziehen."

Die Privatisierung der Fördermittelvergabe bleibe ein grundlegender Fehler, sagte der Linke-Abgeordnete Frank Thiel. Landesregierung und die Koalitionsfraktionen CDU und SPD hätten aus Fehlern nichts gelernt. Mit der neuerlichen Privatisierung werde der Karren sehenden Auges gegen die Wand gefahren: "Die Privatisierung ist fachlich wie politisch nicht nachvollziehbar, zudem gibt es Zweifel an der Objektivität des Ausschreibungsverfahrens."

Die Konsequenzen lägen sichtbar auf dem Tisch: "Nicht nur, dass man sich nun weiter wie bisher durchwursteln will - das eigentliche Problem besteht darin, dass das Land schrittweise die Verfügungsgewalt über den Einsatz von Fördermitteln verliert. Freiwillig und ohne Not. Die Landesregierung wird zur Wiederholungstäterin."

"Das ist keine gute Krisenstrategie." - Rechnungshofpräsident Kay Barthel

Der Landesrechnungshof hatte die Privatisierungspläne der Regierung zuvor gehörig auseinandergenommen. Die Prüfer rügten etwa eine fehlerhafte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Der Kostenvergleich weise "erhebliche Mängel" auf, die Notwendigkeit einer externen Vergabe sei "nicht hinreichend begründet". Rechnungshofpräsident Kay Barthel sagte der Volksstimme: "Wenn man nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit begründete Hinweise unberücksichtigt lässt, ist das keine gute Krisenstrategie."

Derzeit versucht ein Untersuchungsausschuss des Landtags zu klären, inwieweit Fehler bei der Verwaltung der Mittel gemacht wurden. Der Rechnungshof hatte von einem "kollektiven Versagen" gesprochen.

Auch bei der Union erzeugt das Agieren der Regierung ein Unwohlsein. CDU-Politikerin Eva Feußner: "Die Kritikpunkte des Rechnungshofes konnten nicht in Gänze ausgeräumt werden." Die Vergabe-Frage entscheide letztlich aber die Regierung: "Sie steht jetzt allein in der Verantwortung - mit allen Chancen und Risiken."