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Einstige CDU-Bildungsstätte wird schrittweise saniert Ein Bayer will Schloss Burgscheidungen wieder Leben einhauchen

Von Klaus-Peter Voigt 10.05.2011, 04:32

Burgscheidungen (dapd). Dem großen schwarzen Schlüssel für das Tor zum Burgscheidunger Schloss ist sein Alter nicht anzusehen. Viele Jahre blieb er in der Schublade liegen, nur selten schloss er das wuchtige Eingangstor für den Hausmeister auf, der die seit Beginn der 90er Jahre verwaiste Anlage oberhalb der Unstrut im Burgenlandkreis in Ordnung hielt. Doch nun zieht wieder Leben in das fast 300 Jahre alte Gemäuer. Seit Mitte 2008 ist der gebürtige Bayer Bernd Artinger neuer Schlossherr.

In den vergangenen Jahren schien das Schloss in einen dauerhaften Dornröschenschlaf zu fallen. Alle Privatisierungsversuche der Treuhand und deren Nachfolger führten zu keinem Ergebnis. Pläne, eine Luxusherberge hoch über dem Unstruttal zu errichten, scheiterten. Komplizierte Rechtsverhältnisse machten es Artinger nicht leicht, das Schloss Burgscheidungen zu kaufen. "Für einen Euro war da nichts zu machen", sagt er und spricht von einem Kaufpreis in siebenstelliger Höhe. Schließlich habe er sich einen Traum verwirklicht. Grundlage dafür war der Verkauf seiner IT-Firma. Inzwischen hat der Mann gemeinsam mit seiner Ehefrau seinen Wohnsitz ins nahegelegene Naumburg verlegt. Die herrliche Landschaft habe es ihnen angetan und ein Schloss saniere niemand aus der Ferne, sagt er. Bis kurz nach der Wende sorgte die Ost-CDU für den Erhalt. "Das war ein Glücksfall", sagt Artinger und zeigt auf das Kupferdach. Diesem verdanke das Gemäuer seinen guten Zustand. Trotz Materialmangels habe die Partei, die das Areal als zentrale Schulungsstätte "Otto Nuschke" nutzte, immer für Reparaturen gesorgt.

Mit der Rückgabe der Immobilie an die Treuhandanstalt und den bislang glücklosen Investoren begann eine schlimme Zeit. In vier Anläufen geschah nichts. Selbst Prinzessin Veronika von Anhalt besaß theoretisch für wenige Wochen den 3000 Quadratmeter großen Schlosskomplex mit seinen herrlichen Parkanlagen. Dazu gehören außerdem 21 Wohnungen und ein Bettenhaus mit 90 Einzelzimmern.

Ab 1955 war Burgscheidungen christdemokratische "Parteiburg". Gelehrt wurde systemkonformer Stoff. Bis zu 1000 CDU-Mitglieder kamen für zwei Wochen oder drei Monate an die Unstrut, um Kurse zu besuchen. Regelmäßig kam der Hauptvorstand der Partei zu seinen Tagungen zusammen. Für den damaligen CDU-Parteichef Gerald Götting war stets ein kleines und nach heutigen Maßstäben eher bescheidenes Appartement reserviert.

"Für unser Dorf war diese Zeit wichtig. Fast 80 Frauen und Männer arbeiteten im Schloss – als Lehrer, Küchenpersonal oder Hausmeister", erzählt Toni Neumann. Der Abiturient wohnt in Burgscheidungen und führt regelmäßig Besucher durch die Räume, in denen für kurze Zeit auch die spätere Gräfin Cosel wohnte. Er ist begeistert von den uralten Räumen. Nach dem Schulabschluss möchte er Tourismuswirtschaft studieren.

Artinger hat dem Schloss nach nur kurzer Zeit wieder Leben eingehaucht. Seit dem vergangenen Jahr laden die ersten Räume als Café zum Besuch ein, im Spiegelsaal finden wieder Kulturveranstaltungen statt. Am Freitag öffnet in einem einstigen Wohngebäude das Café "Gräfin Cosel". In einem der wiederhergestellten Räume können sich Paare das Ja-Wort geben. Ansonsten will der Bayer den Gebäudekomplex Stück für Stück wieder nutzbar machen. Im kommenden Jahr sollen die ersten Gästezimmer fertiggestellt werden. Rund eine Million Euro seien bereits in sein Schloss-Vorhaben geflossen. Zunehmend mehr Gäste entdeckten wieder Burgscheidungen. Auch das Dorf und benachbarte Gemeinden profitierten davon. Zehn Arbeitsplätze seien entstanden.