1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Kita als Sozialzentrum: Erzieher, Eltern und Kinder sollen mehr voneinander profitieren

Sozialministerium und Landesverwaltungsamt zertifizieren 50 Kitas als "Kinder-Eltern-Zentren" Kita als Sozialzentrum: Erzieher, Eltern und Kinder sollen mehr voneinander profitieren

Von Andreas Stein 02.02.2012, 05:22

50 Kitas werden heute im Sozialministerium als "Kinder-Eltern-Zentren" zertifiziert. In einem Modellprojekt haben sie vier Jahre lang neue Wege der Zusammenarbeit von Kita und Eltern erprobt.

Stendal/Magdeburg l Es heißt, Märchen gehen immer gut aus. Für die 180 Kinder der Kita "Märchenland" in Stendal trifft das auf jeden Fall zu - obwohl die Einrichtung mitten in einem sozialen Brennpunktviertel liegt. In den Plattenbauten rund um die Juri-Gagarin-Straße wohnen viele benachteiligte Familien, Migranten und Alleinerziehende. "Zwei Drittel der Eltern leben auf Hartz-IV-Niveau und können die monatlichen Kita-Gebühren nicht zahlen", berichtet Barbara Janssen vom Kita-Träger, der Stadt Stendal.

Genau der richtige Ort für das Modellprojekt "Kinder-Eltern-Zentrum" (KEZ), fand sie. 2007 von Sozialministerium und Landesverwaltungsamt aufgelegt, sollten die 50 Projekt-Kitas neue Formen der Zusammenarbeit mit den Eltern erproben, Kontakte mit Vereinen, Schulen und Seniorenheimen knüpfen und die frühkindliche Bildung verbessern (siehe Infokasten).

Die Pädagogen im "Märchenland" waren schnell Feuer und Flamme für das Projekt. "Wir wollten uns nach innen und außen öffnen und eine andere Qualität der Zusammenarbeit mit den Eltern entwickeln - alles im Sinne der Kinder", denkt Angela Steckel zurück. Sie wurde KEZ-Verantwortliche und holte Eltern und Erzieherinnen im Ruhestand ins Boot, um den Kindern da zu helfen, wo sie Defizite haben. Nur ein paar Beispiele: Die Kinder kochen und backen einmal pro Woche mit Ruheständlerin Elke Kowalski gesundes Essen, spielen mit dem ehemaligen Papa Jörn Goroncy Fußball, singen im "Märchenmusikanten"-Chor bei Ingrid Rählert oder lernen spielerisch die deutsche Sprache bei Andrea Brösel und Frieda Wagner.

Ohne Eltern als Partner strampeln sich Erzieher ab

Kein KEZ ist wie das andere: Einige Kitas richteten flexible Öffnungszeiten ein, andere holen und bringen die Kinder oder bieten Seminare und Kurse für Eltern an. "Märchenland"-Leiterin Anke Kröning ist dankbar für das ehrenamtliche Engagement und findet: "Jede Kita sollte ein Kinder-Eltern-Zentrum sein. Wenn wir die Eltern als Partner nicht im Boot haben, können wir Erzieher uns abstrampeln, wie wir wollen", sagt sie. Die Profilierung als KEZ habe das "Märchenland" nicht nur bereichert, die Einrichtung genießt auch besseres Ansehen in der Hansestadt. "Jetzt darf aber kein Stillstand eintreten. Wir sind weiter auf das Engagement der Eltern angewiesen", sagt Kröning.

Das sieht auch der Sprecher des Sozialministeriums Holger Paech so. Zwar sei das KEZ-Projekt abgeschlossen und eine Fortsetzung der Landesförderung nicht geplant - doch die Arbeit in den Kitas sei damit nicht am Ende. "Jetzt entscheiden die kommunalen und privaten Träger, ob das Projekt weiterlaufen und das Engagement der Eltern am Leben erhalten werden soll." Für Paech steht fest: "Die Entwicklung der nächsten Jahre wird zeigen, dass die KEZ-Kitas einen Wettbewerbsvorteil haben. Denn zufriedene Eltern sind engagierte Eltern." Eine Übernahme des KEZ-Modells in das neue Kinderförderungsgesetz ist zwar nicht vorgesehen, die von Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) geplanten Vor- und Nachbereitungsstunden zur Entlastung der Erzieher könnten hier aber durchaus verwendet werden.

Für "Märchenland"-Leiterin Anke Kröning gibt es keine Alternative zur Fortsetzung der engen Zusammenarbeit von Eltern und Erziehern. "Was wir den Kindern im Kita-Alter nicht beibringen, wird uns später ständig auf die Füße fallen."