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Kleine Kraftpakete sparen Energiekosten

Von Bettina Koch 07.12.2012, 09:21

Kraft -Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) produzieren Strom und Nutzwärme in einem Prozess. Die Barleber Firma intelli hat in diesem Jahr die Serienproduktion ihres selbst entwickelten Kraft paketes für Wohngebäude aufgenommen.

Barleben ● "In fünf bis zehn Jahren wird es normal sein, dass in Mehrfamilienhäusern Blockheizkraftwerke Strom, Wärme und später auch Kälte produziert werden", da ist sich intelli-Chef Heiko Sasse sicher. In der Kombination der KWKTechnologie mit erneuerbaren Energien und Speichertechnologien sieht Sasse den Schlüssel zur Energiewende.

Strom und Wärme werden aus Erdgas produziert, zum Beispiel im Keller eines Mehrfamilienhauses, und in den Wohnungen verbraucht. Dabei ist
das Kraftpaket nur wenig größer als eine Waschmaschine und ist noch dazu leiser. Bestechend ist die Energieeffizienz: "Während für die 100 Prozent Strom, die an der Steckdose ankommen, in zentralen fossilen
Kraftwerken 166 Prozent eingesetzt werden müssen, sind es bei Kraft-Wärme-Kopplung nur 110 Prozent", erklärte Sasse. Damit seien diese dezentralen Lösungen unschlagbar.

Dabei muss nicht nur Gas aus fossilen Quellen eingesetzt werden, es darf auch Biomethan sein, erst recht, wenn es aus Rohstoffen der zweiten Generation (Reststoff en aus der Landwirtschaft wie Stroh oder Pflanzen, die nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren) hergestellt wird. Außerdem könnten Wind und Solarenergie zur Wasserstoff elektrolyse eingesetzt werden und der Wasserstoff zur Methanherstellung genutzt werden.

Sinnvoll sei auch die Kombination der Mikro-Blockheizkraftwerke
mit Elektromobilität, merkte Sasse an: Während nachts der Stromverbrauch im Wohngebäude gering ist, kann mit dem vom Heimkraftwerk erzeugten Strom die Batterie des E-Autos aufgeladen werden – deutlich günstiger, als mit Strom aus dem öffentlichen Netz..

In der Kombination dezentraler effizienter KWK-Geräte mit erneuerbaren Energien sieht Heiko Sasse die Zukunft. Mit guten Förderkonditionen
könnte die Politik hier Vorschub leisten, sagte er. Vorreiter sei Baden-Würtemberg, auch in Brandenburg und Nordrhein- Westfalen sei die Erkenntnis angekommen.

Zur Effizienz der Blockheizkraftwerke trägt entscheidend bei, dass Strom und Wärme dort verbraucht werden, wo sie erzeugt werden. Bei Verbrauchsspitzen – zum Beispiel wenn Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher und Backofen gleichzeitig Strom ziehen, wird der zusätzlich benötigte Strom aus dem Netz entnommen, Überschüsse werden wiederum in das Netz eingespeist.

"Ziel ist es, Strom und Wärme vorrangig dort zu verbrauchen, wo sie produziert werden", betonte Sasse. So werden Übertragungsverluste vermieden. Er schätzt, dass in etwa eineinhalb Jahren zum intelli-
Heimkraftwerk auch ein Klimagerät angeboten werden kann, denn die Nachfrage nach Kühlung in heißen Sommermonaten wächst.

Obwohl Energieversorger wie Stadtwerke beim Einsatz von Blockheizkraftwerken weniger Strom verkaufen, sehen sie das Potenzial der kleinen Anlagen und den Anteil, den sie bei der Energiewende leisten können. Sie versuchen, Kundenbindung durch Beratung, Technikanbindung, Gasversorgung und ergänzende Stromversorgung im Gesamtpaket zu erreichen.

So läuft gemeinsam mit den Halberstadtwerken ein Feldversuch, um das Mikro-Blockheizkraftwerk im Dauereinsatz zu erproben. Das Gerät könne nach erfolgreicher Probephase die Angebotsvielfalt der Halberstadtwerke erweitern, hatte Geschäftsführer Bodo Himpel
erklärt. "Die Nachfrage nach alternativen Energiegeräten mit klimaschonender und hocheffizienter Technik ist vorhanden, so dass wir auch diesen Bereich in unseren Geschäftsbetrieb integrieren wollen",
so Himpel.

Auch die Immobilienbranche zeigt Interesse: "Mit dem Einsatz der Heimkraftwerke soll ein großer Teil unserer Immobilien ökonomisch und
ökologisch aufgewertet werden. Viele unserer Eigentümer und Mieter haben Furcht vor weiter steigenden Energiepreisen", sagte Frank Büschel, Geschäftsführer von Büschel Immobilien. "Die Wohnungswirtschaft muss einen Teil des Energiegeschäfts selbst in die
Hand nehmen, um dieser Endlosspirale entgegenzuwirken."
Büschel hat im Sommer einen ersten Vertrag über zwei Heimkraftwerke
unterzeichnet. "Der im Gebäude gewandelte Strom soll direkt an die Bewohner zu günstigen Konditionen vermarktet werden", erklärte Büschel.

Betriebskosten werden zunehmend auch zu Argumenten bei Entscheidungen über Miet- und Kaufobjekte. Zwar ist die Anfangsinvestition für ein Blockheizkraftwerk höher als für eine Heizanlage, "es gibt aber von an Anfang an eine Ersparnis bei Strom- und Heizkosten", sagte Sasse und verwies auf den durch Netzentgelte
und Umlagen überteuerten Strom aus dem Netz. Dazu gibt es zehn Jahre lang einen KWK-Bonus von 5,11 Cent für jede erzeugte Kilowattstunde Strom, eine Steuerersparnis für den selbst erzeugten Strom in Höhe von 2,05 Cent pro kWh, und der Betreiber des Heimkraftwerkes erhält 0,55 Cent Energiesteuer für das eingesetzte Erdgas vom Zollamt zurück.

Auch in Gewerbegebieten werde es künftig mehr Blockheizkraftwerke
geben, meint Sasse. "Hätten wir flächendeckend diese Anlagen, wäre
der teure Netzausbau in den derzeit geplanten Größenordnungen
nicht nötig", so der intelli-Gründer.

Seit dem Start der Serienfertigung im März bis zum Jahresende wolle intelli production 200 Heimkraftwerke montiert und ausgeliefert haben, informierte Cornelia Kleinsorge, Leiterin Energiemaschinen. Im nächsten Jahr sollen es dann mehr werden. Dazu wurden Verbindungen zu Multiplikatoren wie Großhändlern und Architekturbüros, die sich an komplexen Ausschreibungen beteiligen, geknüpft.

Auch der Tag der offenen Tür im September sei ein voller Erfolg gewesen, berichtete Kleinsorge: "120 Gäste sind gut informiert und mit konkreten Fragen hergekommen." Einige hätten angekündigt, auf ihre
Vermieter zugehen zu wollen, um auf die Möglichkeiten zur Energiekostensenkung hinzuweisen. "Besonders gut ist bei den Leuten angekommen, dass die Geräte hier entwickelt, produziert und eingebaut
werden."

Die intelli-Gruppe in Barleben hat inzwischen 60 Mitarbeiter, vor allem Ingenieure.