1. Startseite
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Der scheue Melancholiker

Schauspieler Frank Giering ist tot Der scheue Melancholiker

25.06.2010, 05:20

Sein Gesicht kennt fast jeder, seinen Namen jedoch nicht: Schauspieler Frank Giering spielte einprägsame Typen. Einen Psychopathen in "Funny Games", einen Kommissar in "Der Kriminalist". Jetzt starb der gebürtige Magdeburger im Alter von 38 Jahren.

Hamburg (dpa/kc). Er spielte den RAF-Terroristen Andreas Baader und den Kommissar Henry Weber in der ZDF-Krimiserie "Der Kriminalist". Frank Giering, Schauspieler mit einem einprägsam melancholischen Gesicht, ist tot. Der 38-Jährige starb am Mittwochabend in seiner Wohnung in Berlin. Die Umstände sind unbekannt. Seine Eltern haben darum gebeten, die Privatsphäre zu respektieren. Es sei aber kein Freitod gewesen. Eine Obduktion wurde angeordnet.

Noch bis in den Juni hinein hatte Giering für die ZDF-Serie "Der Kriminalist" eine weitere Staffel gedreht. Nur sechs der acht Episoden wurden fertig.

Giering wurde vor 13 Jahren als fieser Killer in dem Spielfilm "Funny Games" von Michael Haneke bekannt. Auftritte in "Absolute Giganten", "Baader", "Hierankl", "Die Rosenzüchterin" und "Störtebeker" folgten. Einer seiner letzten Filme war das WDR-Sozialdrama "Keine Angst", in dem er einen Kinderschänder spielte.

"Ich bin ein Fossil oder ein DDR-Überbleibsel"

Giering studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Seine ersten Engagements hatte er am Staatstheater Cottbus. In der Saison 1994/95 stand er in einer Inszenierung von "Das geheime Tagebuch des Adrian Mole" auf der Bühne. Der österreichische Regisseur Haneke entdeckte ihn schließlich für den Film.

In vielen seiner Rollen wirkte der Schauspieler schwermütig. "Melancholische Rollen spiele ich tatsächlich, weil ich selbst sehr melancholisch bin", sagte er einmal gegenüber der Volksstimme. "Ich erfinde nie etwas Neues, weil ich immer will, dass die Figur ganz dicht bei mir und an mir dran ist."

In Interviews trat Giering meist sehr bescheiden auf. Er habe von Problemen mit sich erzählt, mit denen er in nicht allzu ferner Vergangenheit zu kämpfen gehabt hätte. Zum Beispiel sein Gewicht. Dem "Spiegel" sagte er im Februar: "Ich habe 20 Kilo abgenommen – zum Glück. Ich hatte schon immer Komplexe wegen meines Gewichts. Bei einer Größe von 1,70 Meter wog ich 78 Kilo."

Der Anblick habe ihn schwer deprimiert. "Hinzu kam, dass ich mich verliebt habe." Aber: "Als die Beziehung zu Ende war, hatte ich Liebeskummer. Das hat das Abnehmen beschleunigt." Zwei längere Beziehungen habe er in seinem Leben gehabt. "Zweimal wurde ich in meinem Leben von Frauen angesprochen, daraus wurden jeweils Beziehungen. Ich kann eben einfach nicht Nein sagen", sagte er lachend. "Nein, im Ernst: Ich warte noch auf die Richtige. Ich hoffe, sie war noch nicht dabei."

Giering lebte in seinem Kinderzimmer in Magdeburg, bis er 29 wurde. "Ich war schlichtweg zu faul, um auszuziehen." Moderne Technik war ihm suspekt: "Twitter, Blackberry, iPhone – das ist mir alles fremd. Ich habe auch keinen Führerschein, ich bin ein Fossil oder ein hartnäckiges DDR-Überbleibsel. Oder ich wurde 1956 eingefroren und erst 1971 wieder aufgetaut. Vielleicht bin ich deshalb so altmodisch und zurückgezogen."