Autoschilder Keine Kennzeichen „gegen die guten Sitten“
Nummernschilder mit offensichtlichem Nazi-Bezug werden in ganz Deutschland nicht vergeben. Gründe für manche regionale Verbote erschließen sich oft nur auf den zweiten Blick.

Erfurt/Jena/Sonneberg/Heiligenstadt/Greiz - In Thüringen gibt es bei Verboten bestimmter Kombinationen von Autokennzeichen große regionale Unterschiede. Während einige Kommunen sich auf Vorgaben des Bundes und Landes beschränken, haben andere Städte bedeutsame Buchstaben- und Zahlenkombinationen deutlich stärker eingeschränkt.
Vor allem NS-Kennzeichen auf dem Index
Ganz grundsätzlich gehe es bei der Vergabe aus behördlicher Sicht darum, dass Zeichenkombinationen auf Nummernschildern „nicht den guten Sitten widersprechen“ dürften, fasst David Kehrberg für das Thüringer Verkehrsministerium zusammen. Deutschlandweit seien daher Buchstabengruppen mit Bezug zum Nationalsozialismus wie NS, KZ, SS, SA oder HJ für die Nummernschild-Vergabe dauerhaft gesperrt.
Einer Arbeitsanweisung auf Landesebene zufolge müsse auch bei den Buchstabenfolgen AH und HH sowie bei den Zahlen 18 und 88, die den genannten Buchstaben im Alphabet entsprechen, von einem „sittenwidrigen“ Hintergrund ausgegangen werden. Letztlich liege die Entscheidung hier aber bei den einzelnen Zulassungsbehörden und müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, so Kehrberg.
Behörden dürfen selbst entscheiden
Die Kommunen gehen unterschiedlich mit solchen Fällen um, wie die jeweiligen Sprecher erklären: Demnach beschränken sich die Stadt Erfurt und die Landkreise Eichsfeld und Greiz weitgehend auf die Bundes- und Landesvorgaben. Im Wartburgkreis seien zusätzlich die Kombinationen AH beziehungsweise HH 33 nicht zulässig, im Kreis Sonneberg AH und SH (als Abkürzung für eine NS-Parole) zusammen mit der 88.
In Gera stehen ebenfalls SH und HA (Hells Angels) in Kombinationen mit den Zahlen 18, 81, 88, 198 und 204 auf der zusätzlichen Sperrliste. Die beiden letzteren Zahlen repräsentieren dabei den neunzehnten und den achten Buchstaben im Alphabet sowie den Geburtstag von Adolf Hitler.
Weimar und Jena mit Besonderheiten
Jena und Weimar gehen am weitesten über die bestehenden Vorgaben hinaus. So würden in Jena etwa die Buchstaben BH (als Abkürzung für die verbotene rechtsextreme Vereinigung „Blood & Honour“) und RH (als Abkürzung für Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß) allenfalls in gut begründeten Ausnahmefällen vergeben, hieß es. In Kombination mit bestimmten Buchstaben seien auch die Zahlen 28 (für die Buchstaben BH im Alphabet) und 264 (Geburtstag von Rudolf Heß) betroffen.
Weimar hat ähnlich weitreichende Beschränkungen, hier steht neben vielen für Jena genannten Kombinationen auch „BF“ auf der schwarzen Liste, so eine Sprecherin. Die Abkürzung steht für „Bandidos Forever“ - die Rocker-Organisation „Bandidos MC Federation West Central“ wurde vor einigen Jahren verboten.
In Jena und Weimar gilt auch die Zahl 14 als unerwünscht auf Nummernschildern: Sie bezieht sich auf einen in rechtsextremen Kreisen populären Satz eines US-amerikanischen Rassisten, der aus 14 Buchstaben besteht. Eine Besonderheit Weimars ist zudem das Verbot der zunächst harmlos erscheinenden Nummer „WE-AC 12“. Diese ergibt ausgeschrieben die englische Abkürzung ACAB („All Cops Are Bastards“).
Deutliche Ausweitungen der Regelungen sind in keiner der befragten Kommunen geplant. Letztlich sei es unmöglich, alle Kombinationen extremistischer Gruppierungen und verbotener Parteien zu verhindern - zumal gerade die spezielleren Abkürzungen in der breiten Öffentlichkeit oft gar nicht bekannt seien, heißt es etwa aus dem Landratsamt Greiz.
Bürger haben Verständnis, brauchen manchmal Aufklärung
Wer sich unsicher ist, ob für ein Wunschkennzeichen eine - zum Beispiel aus den eigenen Initialen - gebildete Kombination am jeweiligen Wohnort zulässig ist, sollte sich im Vorfeld informieren, so die Kommunen. Eine verstärkte Nachfrage nach Kennzeichen mit nationalsozialistischem Hintergrund sei in den befragten Kommunen nicht zu erkennen, hieß es übereinstimmend. Für die bestehenden Einschränkungen gebe es in der Regel viel Verständnis von den Antragstellern, teils müssten die Hintergründe aber erst erklärt werden.