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Streit um Sicherheit Krisengespräch zum Magdeburger Weihnachtsmarkt am Mittwoch

Der Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt steht auf der Kippe: Händler zittern, Verträge laufen – wer übernimmt die Verantwortung für die Sicherheit? Am Mittwoch sollen offene Fragen geklärt werden.

Von dpa Aktualisiert: 11.11.2025, 13:05
Schon seit Ende Oktober stehen die ersten Buden auf dem Alten Markt vor dem Magdeburger Rathaus.
Schon seit Ende Oktober stehen die ersten Buden auf dem Alten Markt vor dem Magdeburger Rathaus. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Im Streit um die Genehmigung des Magdeburger Weihnachtsmarkts haben sich Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) und Stadtratsvorsitzender Wigbert Schwenke (CDU) an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gewandt und ihn um Unterstützung gebeten. „Wir stehen unter massivem Zeitdruck. Der Aufbau des Weihnachtsmarkts läuft, Verträge sind geschlossen, Existenzen, auch für Händler in der gesamten Innenstadt, hängen an Entscheidungen, die in wenigen Tagen getroffen werden müssen“, heißt es in dem offenen Brief an Haseloff. „Wir können nicht länger abwarten, während Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden.“

Haseloff hat sich der Sache angenommen und ein gemeinsames Gespräch von Vertretern der Stadt und des Landesverwaltungsamts am Mittwoch vermittelt. „Ziel ist es, einen sicheren Weihnachtsmarkt durchzuführen“, sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur. Er erwarte, dass die offenen Fragen in einem guten Miteinander geklärt würden, so Haseloff.

Die Oberbürgermeisterin hatte den Stadtrat am Montagabend darüber informiert, dass der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr vorerst nicht genehmigt werden könne. Schon seit Ende Oktober werden die Buden auf dem Alten Markt vor dem Rathaus aufgebaut. Die Eröffnung ist am 20. November geplant.

Gibt es Mängel bei der Sicherheit?

Hintergrund der möglichen Absage ist eine Einschätzung des Landesverwaltungsamtes. Darin werden unter anderem der Zufahrtsschutz und die Organisation der Sicherheitskräfte bemängelt. Es könne daher keine Zustimmung zum Sicherheitskonzept geben, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Landeshauptstadt teilte nun dazu mit, sie sei von der Kommunalaufsicht angewiesen worden, „dass sie als kommunale Sicherheitsbehörde die Marktfestsetzung, einschließlich Sicherheitskonzept, nicht erteilen darf“. Laut dem Landesverwaltungsamt schaffe der Veranstalter mit dem Weihnachtsmarkt ein potenzielles Anschlagsziel.

Stadt Magdeburg erwartet landeseinheitliche Regelung

Die Übertragung der Verantwortung für Terrorschutz und die Forderung nach vollständiger Einzäunung und Taschenkontrollen müssten zurückgenommen werden, teilte die Stadt mit. Nötig sei eine sofortige landeseinheitliche und rechtssichere Regelung für Sicherheitsanforderungen bei Großveranstaltungen. „Wir bitten Sie eindringlich, gemeinsam mit uns zu handeln – jetzt“, heißt es im Schreiben an Haseloff.

Auch die FDP-Landtagsfraktion drängt auf eine Lösung. „Es braucht jetzt eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten, also Veranstalter, Stadt und Land, um ein genehmigungsfähiges Konzept für den Weihnachtsmarkt 2025 zu schaffen“, sagte der innenpolitische Sprecher Guido Kosmehl. „Wenn das Landesverwaltungsamt nunmehr "erhebliche" Mängel sieht, müssen diese ernst genommen und behoben werden. Aber auch das Land trägt bei der Sicherheitsbegleitung von Veranstaltungen eine Verantwortung, der es nachkommen muss.“

Veranstalter will Forderungen erfüllen

Der Veranstalter will viele der neuen Forderungen erfüllen. Unter anderem gehe es um eine nochmalige Aufstockung der Sicherheitskräfte und eine genauere Definition der Kompetenzzuordnung, teilte die Weihnachtsmarkt GmbH mit. Die Hinweise würden bereits in das Sicherheitskonzept integriert. Wichtig sei zudem eine Klärung der Kompetenzen von privaten Sicherheitskräften bei Taschen- und Personenkontrollen. 

Kritik üben die Veranstalter an der Sichtweise des Landesverwaltungsamtes, dass allein durch den Betrieb eines traditionellen Weihnachtsmarkts ein Anschlagsziel entstehe. Damit werde der Veranstalter der Risikoverursacher und sei vollständig haftbar. Terrorabwehr sei aber eine staatliche Aufgabe, betont die Weihnachtsmarkt GmbH. 

Schaustellerbund: Absage wäre Kapitulation des Staates

Der Deutsche Schaustellerbund teilte mit, der Veranstalter und alle für diese Sicherheit verantwortlichen Akteure hätten ein Jahr Zeit gehabt, ihr Konzept und die festgestellten Defizite zu korrigieren. „Ein Ausfall des Magdeburger Weihnachtsmarkts ist unter keinen Umständen zu akzeptieren.“ Dies käme einer Kapitulation des Staates gleich. „Wir sind nicht bereit, einen Streit der Verwaltungen auf unserem Rücken austragen zu lassen“, sagte Präsident Albert Ritter.

Die SPD-Landtagsfraktion hat für die Sitzung des Parlaments in dieser Woche eine aktuelle Debatte zum Thema „Stehen die Weihnachtsmärkte in Sachsen-Anhalt vor dem Aus?“ beantragt. Das Abschieben der Verantwortung für die Abwehr terroristischer Gefahren und bewaffnete Kriminalität auf Kommunen und Veranstalter sei rechtswidrig, heißt es in der Begründung.

Vor gut einem Jahr war ein Mann mit einem 340 PS starken Mietwagen über den Weihnachtsmarkt gefahren und hatte sechs Menschen getötet und mehr als 300 zum Teil schwer verletzt. Am Montag begann in Magdeburg der Prozess gegen den Angeklagten aus Saudi-Arabien.