Der Luchs kehrt zurück Luchs-Programm in Sachsen geht weiter und dauert länger
Sachsen wildert seit anderthalb Jahren im Westerzgebirge Luchse aus. Mit Charlie kommt nun eine weitere Raubkatze dazu. Sie lebte bisher im Zoo Karlsruhe.

Eibenstock - Ein Abschied der besonderen Art: Als Luchs Charlie im Wald bei Eibenstock seine Transportbox verlässt und mit kurzen Sprüngen das Weite sucht, bleibt er kurze Zeit später im Dickicht stehen und schaut sekundenlang zurück. Tierarzt Marco Roller empfand das später wie eine persönliche Geste. Er hatte Charlie seit der Geburt im Zoo Karlsruhe im Juli 2024 betreut und die vergangenen Monate auf ein Leben in Freiheit vorbereitet. „Da bekommt man natürlich eine ganz besondere Bindung zu dem Tier.“
Gut fünf Stunden lang war Charlie in der Nacht zum Montag auf dem Weg in seine neue Heimat Sachsen unterwegs. Als er dann in seiner vergitterten Box von vier Mitarbeitern des Forstbezirkes Eibenstock auf eine Lichtung getragen wurde, war ein tiefes Brummen von ihm zu hören. Doch die Erlösung folgte schon bald. Charlie soll die noch kleine Population im Westerzgebirge erweitern und nach einer Eingewöhnungsphase für Nachwuchs sorgen.
Sachsen passt sein Luchs-Programm zeitlich an
Mit der Auswilderung - am Dienstag soll noch ein weiblicher Luchs folgen - setzt Sachsen sein Luchs-Programm fort. Allerdings geschieht das in angepasster Form. Ursprünglich wollte man bis 2027 jedes Jahr etwa fünf Tiere auswildern, nun sollen es bis 2032 zwei pro Jahr sein. Zudem verzichtet man, sie auch in der Sächsischen Schweiz auszusetzen. Hier wurde 1743 der letzte Luchs erlegt. Die Raubkatze galt seitdem als ausgestorben.
„Wir können den Artenschutz nicht isoliert betrachten, sondern müssen ihn immer im Ausgleich mit seinen umgebenden Interessen sehen“, betonte Umwelt- und Forstminister Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU). Das ursprünglich angelegte Projekt sei „zu ambitioniert“ gewesen. Mit der geänderten Strategie werde man dem Anspruch besser gerecht. „Wir strecken das Projekt zeitlich, wir sparen Geld, wir sichern dennoch den Artenschutz für den Luchs.“, betonte der Minister, der zur Auswilderung Charlies angereist war.
Senckenberg Museum soll Drittmittel einwerben
Insgesamt ist das Luchs-Programm auf etwa 1,8 Millionen Euro veranschlagt. Laut von Breitenbuch werden nun 200.000 Euro gespart. Das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz ist als Projektpartner gehalten, nach 2027 dafür Drittmittel einzuwerben.
Neben Sachsen haben aktuell auch Baden-Württemberg und Thüringen ein Auswilderungsprogramm für Luchse laufen. Populationen der Raubkatze gibt es zudem im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald - insgesamt etwa 100 Tiere. Sie stammen alle aus Auswilderungsprojekten vergangener Jahrzehnte. Dabei ging es ausschließlich um den Karpatenluchs (Lynx lynx carpathicus). Vor allem die Luchse aus Bayern, Sachsen und Thüringen sollen sich untereinander „vernetzen“ und so den Genpool frisch halten.
Sachsen hatte im März 2024 die ersten drei Luchse ausgewildert. Kuder Juno stammte aus der Zucht in Hütscheroda (Thüringen), die beiden Weibchen Nova und Alva waren Wildfänge aus der Schweiz. Im Juli 2024 folgte Chapo aus dem Zoo Nürnberg, im August Anton aus einem Gehege in Belgien. Anton sei ein Beispiel, dass es immer auch Rückschlägen geben könne, sagte Catriona Blum-Rérat, die vom Museum für Naturkunde her das sächsische Luchs-Programm betreut. Anton wurde im November 2024 von einem Lkw angefahren und starb.
Luchse können längere Zeit über GPS verfolgt werden
Die Luchse bekommen bei der Auswilderung ein GPS-Halsband, womit man ihre Spuren in den ersten Monaten gut verfolgen kann. Später fällt das Halsband von allein ab. Von Nova weiß man, dass sie nach Thüringen abgewandert ist. Von Juno gab es letztmals im August 2024 ein Signal. Alva und Chapo sind sich laut Datenlage mehrfach begegnet. Deshalb gibt es nun Hoffnung auf Nachwuchs. „Einen Beweis haben wir dafür aber noch nicht“, betonte Blum-Rérat.
Charlie soll sich erst einmal an sein neues Zuhause gewöhnen. Gerade Tiere, die aus einem Gehege stammen, wandern in den ersten Tagen nicht viel herum. Auch Anton erkundete zunächst sehr zögerlich sein neues Gebiet. Ein paar Stunden nach seiner Auswilderung kehrte er an die Stelle zurück, wo er aus der Transportbox entlassen wurde. „Sie müssen erst einmal lernen, mit ihrer neu gewonnenen Freiheit umzugehen“, sagte Luchs-Expertin Blum-Rérat.