Korruptionsprozess Staatsanwalt vor Gericht ‒ Drogen-Spediteur erhebt Vorwürfe
Ein Staatsanwalt soll Interna aus Ermittlungsverfahren durchgesteckt und dafür ein zweites Gehalt von einer Bande von Kokain-Händlern kassiert haben. Ein Spediteur der Bande bekräftigt die Vorwürfe.

Hannover - Im Fall des inhaftierten Staatsanwalts, der wegen Bestechlichkeit angeklagt ist, hat der Spediteur der Kokain-Bande die Vorwürfe gegen den Angeklagten bekräftigt. Dieser habe Informationen an die Bande weitergegeben ‒ etwa wann Verhaftungen stattfinden und welche Ermittlungen laufen.
Der in Untersuchungshaft sitzende und als Zeuge bestellte Spediteur habe im Gefängnis von gezahltem Schmiergeld an den Angeklagten gehört. Dessen Name sei von mehreren Mithäftlingen gefallen. Zudem seien beschlagnahmte Luxusuhren auf Geheiß des angeklagten Staatsanwalts wieder freigegeben worden.
Spediteur gab Hinweis auf Staatsanwalt als „Maulwurf“
Die Verteidigung zweifelte im Prozess am Landgericht Hannover an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Dieser wurde in der Vergangenheit unter anderem wegen Versicherungsbetrugs rechtskräftig verurteilt und soll neben seiner Tätigkeit für die Kokain-Händler weiteren dubiosen Geschäften nachgegangen sein. Der angeklagte Jurist aus Hannover weist den Vorwurf zurück, Geschäfte mit der Kokain-Mafia gemacht zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Jener Spediteur der Kokain-Bande hatte den Hinweis gegeben, dass der Staatsanwalt der gesuchte „Maulwurf“ sein könnte ‒ nachdem sich viele Verdächtige vor einer Razzia im Jahr 2021 abgesetzt hatten.
Der Zeuge, der in Handschellen zum Zeugenstand geführt wurde, hat nach eigenen Angaben als Transportunternehmer für die Kokain-Händler agiert. Dem 40-Jährigen werde bandenmäßiger Handel „in nicht geringer Menge“ vorgeworfen ‒ die Einfuhr von knapp 14 Tonnen Kokain aus Südamerika nach Deutschland.
Drogen-Bande erhielt regelmäßig Insider-Informationen
Der Spediteur habe etwa die Information erhalten, dass er von der Polizei überwacht und sein Telefon abgehört werde.
Im Prozess wurden zudem Sprachnachrichten vorgespielt. Ein Sprecher beschwerte sich darin: Er habe zwar 5000 Euro für Informationen gezahlt, aber sei mit deren Qualität nicht zufrieden. Dem Vernehmen nach soll die Drogen-Bande dem angeklagten Juristen diese Summe monatlich gezahlt haben.
Mithäftlinge erhielten laut dem Spediteur zudem leicht einen „64er“, weil der angeklagte Staatsanwalt diese Fälle bearbeitet habe. Paragraf 64 des Strafgesetzbuchs sieht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor ‒ also Therapie statt Strafe wegen Drogenabhängigkeit. Der Jurist habe diese „64er“ teils im Widerspruch zu Therapeuten großzügig verteilt.
Vorwurf der besonders schweren Bestechlichkeit
Der Angeklagte soll zwischen Juni 2020 und März 2021 gegen Geld Interna aus Ermittlungsverfahren preisgegeben und die internationale Drogenbande vor einer Razzia gewarnt haben. Sie hing mit dem Fund von 16 Tonnen Kokain in Containern im Hamburger Hafen zusammen. „Ohne die große Sicherheit durch den Staatsanwalt wäre wahrscheinlich niemand auf die Idee gekommen, so etwas zu machen“, sagte der Spediteur.
Schon 2022 war ein Ermittlungsverfahren gegen den Juristen eingeleitet worden. Dessen Wohnung und Diensträume wurden damals durchsucht. Dieses Verfahren wurde Ende 2023 eingestellt, weil sich der Verdacht zunächst nicht erhärtet hatte.
Konkret werden dem heute 40-Jährigen 14 Fälle von besonders schwerer Bestechlichkeit zur Last gelegt. Zudem ist er wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt angeklagt. Die Prozessbeteiligten stellen sich auf eine lange Verfahrensdauer ein. Mittlerweile wurden Verhandlungstermine bis Ende Mai 2026 angesetzt.