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Im US-Bundesstaat Montana beginnt Prozess um den Tod eines deutschen Austauschschülers Tod im Waffenparadies

Von Chris Melzer 02.12.2014, 01:09

Waffen und die USA gehören zusammen, sagen Kritiker wie Befürworter. Besonders viele Befürworter gibt es in Montana. Der Hamburger Austauschschüler Diren starb in Missoula durch Schüsse aus einem Gewehr, das der Besitzer legal besaß.

Missoula (dpa) l Hector Almeda hat sieben Waffen. "Einen Revolver, zwei Pistolen und der Rest Gewehre", sagt er nicht ohne Stolz. Almeda ist weder Polizist noch Soldat, sondern schlicht Automechaniker. Aber er lebt in Montana und ist einer von vielen Waffenbesitzern. Von sehr vielen. In wenigen Regionen in der westlichen Welt sind Waffen so allgegenwärtig wie in einigen Staaten in der nordwestlichsten Ecke der USA. Dem Hamburger Austauschschüler Diren wurde das zum Verhängnis. Am Montag begann der Prozess um den Tod des 17-Jährigen.

Fast zwei Drittel der Haushalte sind bewaffnet

Diren war im April in eine Garage eingedrungen und dort von Hausbesitzer Markus K. erschossen worden. Aus Notwehr, behauptet der. Nach zwei Einbrüchen habe er wieder einen Dieb vermutet und Angst gehabt, der gestellte Mann würde ihn oder seine Familie angreifen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 30-Jährigen jedoch vor, er habe mit einer Handtasche in der offenen Garage Dieben eine Falle stellen wollen, um diesen dann über den Haufen zu schießen. "Ich werde die Scheißkerle töten", soll er gesagt haben.

Die Anklage lautet auf vorsätzliche Tötung, darauf stehen mindestens zehn Jahre Haft. Die Verteidígung hatte vergeblich versucht, eine Verlegung des Verfahrens zu erreichen. Ihr Argument: die Bevölkerung sei gegen den Angeklagten voreingenommen.

Das Bild der bewaffneten Nation, in der man an jeder Ecke selbst Sturmgewehre kaufen kann, ist in den meisten Teilen der USA nur ein Klischee. In Montana nicht. Fast zwei Drittel der Haushalte haben eine Waffe. Mindestens. "Bei uns sind es 17, denn mein Sohn hat auch noch zehn", sagt Almeda. Für ihn ist das nichts Besonderes.

Montana ist größer als Deutschland, hat aber weniger Einwohner als Köln: 1,01 Millionen. Selbst das 150 Mal kleinere Saarland hat mehr. Mehr als 57 Prozent der Menschen in Montana sollen über mindestens eine Waffe verfügen. Platz 3 von 51, mehr sind es nur noch im benachbarten Wyoming und im noch dünner besiedelten Alaska.

Für die Zeitschrift "Guns and Ammo" ("Waffen und Muni"), die ihre neueste Ausgabe mit "die schönsten Handfeuerwaffen als Geschenkidee" bewirbt, ist Montana der achtbeste Staat der USA: "Montana ist ein Paradies für Jäger. Aber auch Waffenfreunde, die nicht jagen, können die angenehmen Gesetze des Staates genießen."

Und dennoch gibt es in nur wenigen Staaten weniger Morde als in Montana. Gerade 22 waren es im vergangenen Jahr. In Köln - bei gleicher Einwohnerzahl, aber einem strikten Waffenrecht - waren es mehr doppelt so viele. "Zu einer Waffe gehört auch Verantwortung", sagt Almeda. "Ich habe meinen Sohn schon früh an das erste Gewehr herangeführt. Aber ich habe ihm auch eingetrichtert, dass er ein gefährliches Instrument in der Hand hat und so auch damit umgehen soll."

Und so gibt es in Montana auch wenig Verständnis für Markus K., den Schützen von Missoula. "Trigger-happy", schießwütig, nennt Almeda ihn. Das umfassende Notwehrrecht in Montana wird auch von einer Abgeordneten kritisiert. "Es hat diesen Staat in ein Land der Waffengewalt und Selbstjustiz verwandelt", sagte Ellie Hill der Lokalzeitung "Missoulian". "Es wurde eine Kultur geschaffen nach dem Motto: Erst schießen, dann fragen."