RechtsextremismusVerbot der „Artgemeinschaft“: Schnittstelle zur Neonaziszene
Schon in der vergangenen Woche hatte das Bundesinnenministerium eine rechtsextremistische Gruppe verboten. Jetzt geht es gegen eine „sektenartige“ rechte Vereinigung - auch in Sachsen-Anhalt.
Zeitz - Im Zuge einer bundesweiten Razzia gegen die verbotene rechtsextremistische Vereinigung „Artgemeinschaft“ hat es auch in Sachsen-Anhalt einen großen Polizeieinsatz gegeben. Im Burgenlandkreis wurden nach Angaben des Innenministeriums am Mittwochmorgen drei Objekte durchsucht. Dabei seien unter anderem Speichermedien, Handys, Laptops, Dokumente, eine komplette SS-Uniform sowie Logos von verbotenen Vereinigungen sichergestellt worden. Insgesamt seien 100 Einsatzkräfte der Landespolizei an den Durchsuchungen beteiligt gewesen.
Das Verbot sei ein wichtiger Schritt bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). Besorgniserregend sei, dass der Verein anderen Neonazis Raum biete, um Familien und Kindern ihre verfassungsfeindlichen Überzeugungen weiterzugeben. Die Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums sei an vier Vereinsmitglieder in Sachsen-Anhalt übergeben worden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die rechtsextremistische Vereinigung verbieten lassen. In einer Mitteilung bezeichnete sie die „Artgemeinschaft“ als „sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung“. Bundesweit wurden nach Angaben des Innenministeriums 26 Wohnungen von 39 Mitgliedern durchsucht.
Auch im Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt taucht die „Artgemeinschaft“ schon länger auf. „Die Artgemeinschaft ist die größte deutsche neonazistische Vereinigung mit völkischer, rassistischer, antisemitischer sowie antichristlicher Ausprägung“, heißt es in dem Bericht des Verfassungsschutzes. „Damit fungiert sie als wichtige Schnittstelle der deutschen Neonaziszene.“
Aus einer Kleinen Anfrage der Linken im Bundestag geht hervor, dass sich die Vereinigung in mindestens zwei kleinen Orten im Süden Sachsen-Anhalts niedergelassen hat. Und dass sie offenbar einen in der rechten Szene prominenten Bewohner hat: Ralf Wohlleben, einen Unterstützer des rechtsextremen NSU.
Wohlleben war im Juli 2018 im Prozess um die rassistisch motivierten Morde der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe wegen Beihilfe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Wohlleben die Pistole besorgt hatte, mit der die Terrorzelle bis 2006 acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer ermordet hatte.
Zur Begründung des Verbots führte das Bundesinnenministerium aus, die Siedlerbewegung verbreite unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ein gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild. Zentrales Ziel sei die Erhaltung und Förderung der eigenen „Art“, was mit dem nationalsozialistischen Begriff der „Rasse“ gleichzusetzen sei.
In der vergangenen Woche hatte Faeser die elitäre Neonazi-Gruppierung „Hammerskins Deutschland“ verboten. Vor allem durch die „manipulativ indoktrinierende Erziehung ihrer Kinder“ und den Vertrieb entsprechender Schriften sei die „Artgemeinschaft“ nicht weniger gefährlich als die „Hammerskins“, sagte die Ministerin.