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Polizei Verbot der „Hammerskins“: Durchsuchungen in Ostthüringen

Ihr Symbol sind zwei gekreuzte Hämmer: Jetzt hat die Bundesinnenministerin die „Hammerskins Deutschland“ verboten - zu spät, wie Landtagsabgeordnete in Thüringen kritisieren.

Von dpa Aktualisiert: 19.09.2023, 15:29
Einsatzkräfte der Polizei führen auf einem polizeibekannten Grundstück eine Durchsuchungsaktion durch.
Einsatzkräfte der Polizei führen auf einem polizeibekannten Grundstück eine Durchsuchungsaktion durch. Jens Büttner/dpa

Altenburg - Bei Durchsuchungen im Zuge des Verbots des rechtsextremen Vereins „Hammerskins Deutschland“ sind in Thüringen mehr als 100 Beweismittel sichergestellt worden. Neben Speichermedien seien am Dienstag Dutzende Merchandise-Artikel beschlagnahmt worden, teilte das Innenministerium in Erfurt mit. Die Polizei hatte am frühen Morgen zwei Wohnungen mutmaßlicher Mitglieder in Altenburg sowie im Altenburger Land durchsucht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte den rechtsextremen Verein „Hammerskins Deutschland“ sowie seine regionalen Ableger und die Teilorganisation „Crew 38“ zuvor verboten. Einsatzkräfte der Polizei hatten Wohnungen von mutmaßlichen Mitgliedern des Vereins in zehn Bundesländern durchsucht. Die Razzia richtete sich dem Vernehmen nach nur gegen mutmaßliche Führungsfiguren. Die Behörden schätzen die Zahl der Mitglieder der konspirativ handelnden Vereinigung bundesweit auf rund 130.

Für Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ist das Verbot folgerichtig: „Damit zeigt der Rechtsstaat den Verfassungsfeinden erneut, dass er wehrhaft ist.“ Grüne und Linke im Landtag kritisierten hingegen, das Verbot komme zu spät und sei nicht konsequent umgesetzt worden.

Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss vermutet, dass die Struktur des Neonazi-Netzwerkes mit dem Verbot und den Durchsuchungen nicht wirklich zerschlagen wurde. Wer eine Bruderschaft wie die „Hammerskins“ mehr als 30 Jahre agieren lasse, „mag ein Label verbieten, ob die Struktur damit zerschlagen ist, wird sich zeigen“.

König-Preuss kritisierte, dass insbesondere Verfassungsschutzbehörden die „Hammerskins“ regelrecht ignoriert hätten. Im Jahresbericht des Thüringer Verfassungsschutzes 2021 seien sie nicht einmal namentlich erwähnt worden. Im Freistaat habe es über Jahre hinweg - zumeist ungestört - Veranstaltungen der „Hammerskins“ gegeben.

Für die Innenpolitikerin der Grünen-Landtagsfraktion, Madeleine Henfling, kommt das Verbot ebenfalls Jahre zu spät. Die „Hammerskins“ seien ein internationales Netzwerk der extremen Rechten, das unter anderem im Musik- und Versandhandel aktiv sei. Bereits im NSU-Komplex sei ein zu geringes Augenmerk auf die Rolle der „Hammerskins“ und ihre Akteure gelegt worden. „Wir setzen darauf, dass die weiteren Ermittlungen die Tätigkeiten der „Hammerskins“ umfangreich aufdecken werden, vor allem mit Blick auf die im thüringischen Artern offiziell gemeldeten Versandhandelstrukturen.“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Raymond Walk, erklärte, das Verbot sei längst überfällig gewesen. Die Durchsuchungen bei zentralen Figuren der Neonazi-Truppe auch in Thüringen zeigten die engen Verstrickungen im Freistaat. Der Verfolgungsdruck müsse erhöht und der Verfassungsschutz personell gestärkt werden. Notwendig seien 130 bis 140 Stellen statt der bisher 105.