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Bericht Verfassungsschutz: AfD will ethnisch-homogenes Staatsvolk

Der Thüringer Verfassungsschutz sieht bei der AfD von Björn Höcke keine Mäßigung ihrer Positionen. Vielmehr reduziere die Partei die Menschen auf ihre biologisch abgeleitete, ethnische Zugehörigkeit.

Von dpa 15.09.2025, 14:29
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer (r), stellen den neuen Verfassungsschutzbericht vor.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer (r), stellen den neuen Verfassungsschutzbericht vor. Martin Schutt/dpa

Erfurt - Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer sieht keine Mäßigung bei der AfD mit ihrem Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke. Seine Behörde gehe davon aus, dass die AfD an einem ethnischen Volksverständnis festhält, was unvereinbar sei mit dem Grundgesetz, sagte Kramer bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2024 in Erfurt. „Das heißt, wir können nicht nur in diesem, sondern auch in anderen Bereichen keinerlei Mäßigung oder Zurückhaltung feststellen.“

Reduzierung auf ethnische Zugehörigkeit

Kramer erläuterte, beim Volksbegriff der AfD gehe es darum, „andere Bevölkerungsgruppen von der gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen“.

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht heißt es: „Ziel ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines ethnisch-homogenen deutschen Staatsvolkes.“ Der einzelne Mensch, der im Zentrum der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, werde auf dessen „biologisch abgeleitete ethnische Zugehörigkeit reduziert“, heißt es in dem Bericht. Die Autoren des Berichts werfen der Thüringer AfD vor, menschenfeindliche Positionen im öffentlichen Diskurs anschlussfähig machen zu wollen. Die Thüringer AfD stehe im Zentrum eines Geflechts rechtsextremistischer oder durch Rechtsextremisten geprägter Organisationen. 

Kramers Behörde stuft die Thüringer AfD seit 2021 als gesichert rechtsextremistisch ein und beobachtet sie. 

Maier für Verbotsverfahren

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) bekräftigte seine Forderung, ein AfD-Verbotsverfahren zu prüfen. „Die AfD hat es selbst in der Hand, dieses Verbotsverfahren zu verhindern, indem man sich deradikalisiert.“ Derzeit sei aber eher das Gegenteil der Fall. „Wir brauchen umso mehr eine wehrhafte Demokratie“, sagte Maier. Er sei der Auffassung, dass man verpflichtet sei, Instrumente der wehrhaften Demokratie zur Anwendung zu bringen, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt seien.

Die Thüringer AfD-Fraktion warf Maier vor, AfD-Wähler als Verfassungsfeinde zu diffamieren. „Wer bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts erklärt, die AfD finde mit angeblich verfassungsfeindlichen Positionen breiten gesellschaftlichen Zuspruch, meint nichts anderes als die 37 Prozent der Thüringer, die laut letzter Umfrage AfD wählen würden“, erklärte der AfD-Abgeordnete Ringo Mühlmann.

Anstieg beim gewaltbereiten Linksextremismus

Der Thüringer Verfassungsschutz sieht auch einen Anstieg beim Personenpotenzial gewaltorientierter Linksextremisten. Laut Bericht stieg die Zahl von 150 Personen im Jahr 2023 auf 190 im Jahr 2024 an. Insgesamt bezifferte der Verfassungsschutz das linksextremistische Personenpotenzial auf 500 Menschen. Zum Vergleich: Im Bereich Rechtsextremismus kommt der Inlandsgeheimdienst auf rund 3.300 Menschen - 2.050 davon bei der AfD. 

Im Bereich Islamismus stellt der Verfassungsschutz in seinem Bericht fest, dass sich islamistische Gruppierungen in Thüringen bislang kaum strukturell etabliert hätten. Es agierten stattdessen lose Personennetzwerke oder Einzelpersonen. Das Personenpotenzial belaufe sich auf etwa 210 Menschen.

Extremismus zielt auf Jüngere

Maier gab zu bedenken, dass es Extremisten zunehmend auch auf Kinder und Jugendliche abgesehen haben. „Extremismus wird immer jünger und wird immer gewalttätiger“, sagte er. Kramer forderte eine Änderung der Altersgrenzen für die Datenerhebung. Seine Behörde dürfe Personen ab 16 Jahren speichern und wenn Gefahr für Leib und Leben drohe, auch ab 14 Jahren, erläuterte Kramer. „Wir mussten aber bundesweit in der Zwischenzeit feststellen und auch in Thüringen insbesondere im Bereich des Islamismus, dass wir es teilweise mit 12-, 13-Jährigen zu tun haben“, sagte er. Erkenntnisse über diese Jugendlichen dürfe der Verfassungsschutz nicht an Behörden weitergeben. 

„Es geht nicht darum, dass wir Jugendliche kriminalisieren wollen.“ Vielmehr gehe es darum, Stellen für Jugendschutz zu informieren, damit frühzeitig eine Radikalisierung verhindert werden könne. Dafür sei eine Änderung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes nötig.